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2001-09-25

KURZES UPDATE ZU VERFAHREN UND SITUATION DER DREI DEUTSCHEN GEFANGENEN IN GÖTEBORG

[Vorbemerkung: Zu den anderen Gefangenen in Göteborg können wir aufgrund der schlecht funktionierenden Kommunikation mit der schwedischen Soligruppe zur Zeit nichts sagen]

Bereits am 12.9. 2001 ist der 19-jährige Sebastian S. aus dem Kölner Umland im Berufungsverfahren zu 20 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Der Antrag auf ein zweites Berufungsverfahren wird noch geprüft. In erster Instanz ist er in zwei Prozessen zu insgesamt 14 Monaten Haft wegen Schwerem Landfriedensbruch verurteilt worden.

Am 19.9. 2001 ist das Urteil gegen den 25-jährigen Berliner Jesse-Björn B. bekannt gegeben worden. Das Urteil aus erster Instanz (15 Monaten) ist auf 2 Jahre erhöht worden. Zeugen, die bei dem Prozeß anwesend waren, beschrieben ihn als eine Farce.

Die Anklage stützt sich lediglich auf die Aussage eines Polizeibeamten, der den Angeklagten über mehrere Stunden dabei beobachtet haben will, wie der Straftaten beging. Auch hier ist über einen Antrag auf Berufung noch nicht entschieden worden. Die Entscheidung soll innerhalb von zwei Wochen gefällt werden.

Der Staatsanwalt legte ein Beweis-Video vor, auf dem der Angeklagte jedoch nicht bei einer Straftat zu sehen war und das in der Urteilsbegründung als unwesentlich eingestuft wurde.

Der junge Mann aus Berlin wurde am 16.Juni 2001 fernab aller Ausschreitungen in Göteborg festgenommen. Ihm wurde schwerer Landfriedensbruch und versuchte schwere Körperverletzung vorgeworfen. Bereits im ersten Prozeß ist er trotz mangelhafter Beweise zu 15 Monaten Haft wegen schwerem Landfriedensbruch verurteilt worden. Obwohl es keine neuen Beweise gab, ist er in zweiter Instanz wegen Schweren Landfriedensruch und versuchter schwerer Körperverletzung verurteilt worden.

Zur Zeit findet auch der Berufungsprozeß gegen den 20- jährigen Hannes H. statt. Trotzdem sich der Richter des ersten Prozesses vom dort gefällten Urteil (14 Monate) aus Mangel an Beweisen distanzierte, ist im Berufungsverfahren ebenfalls mit einer hohen Haftstrafe zu rechnen.
Bei allen bisherigen Prozessen ist ein sogenanntes Beweisvideo gezeigt worden, das mit den Gefangenen und ihren Prozessen rein gar nichts zu tun hat. Dieses Video wird von der Staatsanwaltschaft genutzt, um Stimmung gegen die Angeklagten zu machen. Die Beweise der Staatsanwaltschaft sind in den meisten Fällen sehr dürftig.
Auffällig dabei ist nicht nur, dass ein Beamter in Zivil in 25 Verfahren oft als einziger Belastungszeuge aussagt und viele der Angeklagten über mehrere Stunden beobachtet haben will. Auch die kaum schlechte Stimmung gegen und die Vorverurteilung der Angeklagten seitens der Staatsanwaltschaft und des Gerichts werden kaum versteckt. So scheint es schon als Beweis ihrer Schuld zu reichen, wenn die Angeklagten bei den Verhören die Aussage verweigerten.

Über mehrere Wochen befanden sich die Gefangenen in absoluter Isolationshaft: Ihnen wurde u.a. Hofgang, der Kontakt zu Angehörigen, Freunden und Mitgefangenen, medizinische Versorgung und die freie Wahl eines Anwaltes verwehrt. Einige mehrjährige Haftstrafen für andere Inhaftierte sind bereits ausgesprochen.
Die verbliebenen Inhaftierten haben mit ebenso schweren Strafen zu rechnen, da sie als Rechtfertigung für das brutale Vorgehen der Polizei sowie dem Versagen der Regierung herhalten müssen.
Wenn ihr noch Fragen habt o.ä. dann schreibt einfach an solikomitee@uni.de

Spendenkonto:
Rote Hilfe e.V.
Stichwort: Göteborg
Kontonummer: 7189590600
Berliner Bank
Bankleitzahl: 100 200 00

Aktuelle dpa-Tickermeldung:
Schweden/Deutschland/Kriminalität/Berliner nach Göteborger Krawallen aus Haft entlassen
Göteborg (dpa) - Das Göteborger Oberlandesgericht hat am Dienstag die Freilassung eines 20-jährigen Berliners verfügt, der seit den Krawallen beim EU-Gipfel im Juni inhaftiert war. Der Deutsche war in erster Instanz zu 14 Monaten Haft verurteilt worden und hatte Berufung eingelegt. Die sofortige Freilassung nach Abschluss der mündlichen Verhandlung wurde vom Anwalt des Berliners als Indiz für einen Freispruch oder eine wesentlich mildere Strafe bei der für 3. Oktober angekündigten Urteilsverkündung gewertet.