Pressemitteilungen » Heiligendamm 2007 » G8 2007 deutsch » G8 2007 Repression » Sternmarsch » Presse zu Allgemeinverfuegung  
print
2007-06-02

Berliner Umschau: G8-Gipfel grenzt Grundrechte in breitem Maße ein

Auch abseits der großen Themen finden vielen eigenartige Geschehen statt

Von Karin Burghofer

Das große Thema G8-Gipfel in Heiligendamm und das dazugehörige Mediengetöse fährt oft dazu, daß einige wichtige Randthemen eher übersehen werden. Dabei sind sie oft genau so wichtig. Seien es der unangemessene Polizeieinsatz in Potsdam, eigenartige ZDF-Praktiken oder die berechtigten Forderungen nach einer Verbesserung der Lage in Afrika.

Lutz Boede, Anmelder der Anti-G8-Demo am vergangenen Mittwoch, beanstandete zum Beispiel aufs heftigste das Vorgehen der Berliner Polizei, die für die Bewachung des Potsdamer Protestzuges verantwortlich war: “Schon anfangs behinderte die Polizei den Abmarsch der Demo. Im Verlauf verdeckten die Beamten durch die gesamte Innenstadt hindurch das Fronttransparent des Zuges, hielten ihn immer wieder mit fadenscheinigen Begrändungen auf und griffen massiv ein, wenn Demonstranten oder Demonstrantinnen dies reklamierten.“

Als sich der für 16 Uhr angemeldete Demonstrationszug gegen 16.25 Uhr vom Hauptbahnhof in Bewegung setzen wollte, verzögerte angeblich die Polizei den Beginn mit der Begründung, sie könne die Straßen noch nicht freigeben. Erst 20 Minuten später durften die Menschen auf die wenig befahrene Babelsberger Straße. „In ganz Potsdam wimmelte es von Polizei und unsere Versammlung war rechtzeitig angemeldet, entweder hat die Polizei an dem Tag ihre Arbeit schlampig gemacht oder sie legte es schon zu Beginn darauf an, den zu erwartenden friedlichen Protestzug zu provozieren.“, so Boede.

„Die Polizei wollte uns an diesem Tag für dumm verkaufen. Daß es nicht zu heftigeren Auseinandersetzungen kam, ist den besonnenen Demonstrantinnen und Demonstranten anzurechnenß, sagte Boede. Immerhin etwa 1.300 Demonstranten waren dem Aufruf der Veranstalter gefolgt.

Die Agentur Weltbild und das ZDF, planen derweil einen 80 Meter hohen Kameraturm in der Nähe des G8-Protestcamps in Reddelich zu errichten. Big brother is watching you, kann man dazu nur sagen. Aus Protest gegen diesen starken Eingriff in die Privatsphäre der dort anwesenden und für den Protestzeitraum dort wohnenden Menschen hat die Initiative „Studierende gegen G8“ der Freien Universität Berlin mittlerweile 5.000 Abmeldebescheinigungen bei der GEZ bestellt.

„Wir schließen uns hiermit der Protestaktion der Bremer Informatik-Studierenden an. Sollte es zu dem Bau des Kameraturms kommen werden wir eine intensive Kampagne an der Freien Universität starten. Hierbei werden wir unsere Kommilitoninnen und Kommilitonen dazu auffordern ihre bei der GEZ anmeldepflichtigen Geräte zu verstecken und sich von den Rundfunkgebühren abzumelden“, so Martina Kluse von der Initiative.

Die Organisation amnesty international (ai) hat dagegen von den G8-Staaten konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Lage in Afrika gefordert. „Das UN-Waffenembargo gegen Darfur im Sudan muß unbedingt eingehalten werden, Verstöße sind streng zu sanktionieren“,sagte Barbara Lochbihler, Generalsekretärin von ai Deutschland. „Darfur beweist, wie dringend wir ein völkerrechtlich verbindliches Waffenkontrollabkommen brauchen.“ Zusammen mit ihren Gästen Rußland und China seien die G8 die weltweit größten Waffenhändler. Sie müßten sich selbst in die Pflicht nehmen und aktiv für ein solches Abkommen arbeiten, forderte Lochbihler.

Man hat zudem an die deutschen Behörden appelliert,vor und während des G8 Gipfels in Heiligendamm das Demonstrationsrecht zu gewährleisten. „Demonstranten können nicht mit dem pauschalen Hinweis „Gefahr im Verzug“ an der Einreise gehindert werden. Es muß in jedem Einzelfall nachgewiesen werden, warum die Einreise verweigert wird. Eine allgemeine Einreisebegrenzung verstößt gegen das Schengen-Abkommen“, sagteLochbihler. Auch dürften Personen nicht willkürlich, sondern nur bei konkreten Anhaltspunkten für eine geplante Straftat verhaftet werden. Doch ob sich die Sicherheitskräfte daran halten, darf ruhig bezweifelt werden.

Veröffentlicht: 2. Juni 2007