2009-10-09 

ANTWORT der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE: Sicherheits- und Ordnungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern [u.a. zu G8]

An oder in welchen in § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 SOG M-V genannten Objekten erfolgten auf Anordnung des Behördenleiters aufgrund welcher konkreten Gefahrenprognose und für welchen Zeitraum Bild- und Tonaufzeichnungen?

Im Rahmen der Einsatzbewältigung aus Anlass des Weltwirtschaftsgipfels G8 vom 06.06. bis 08.06.2007 in Heiligendamm waren 7 stationäre Kamerastandorte (1 in Rostock – Haus der Schifffahrt, 4 in Hohen Luckow, 2 am Flughafen Laage), 9 mobile Videotrupps sowie vier Polizeihubschrauber mit Bildsignaltechnik eingesetzt. Zur Überwachung der technischen Sperre kamen insgesamt 2 stationäre Kameras an den Kontrollstellen „Hinter Bollhagen“ und „Rennbahn“ zum Einsatz. An den beiden Standorten “Jemnitzschleuse“ und „Durchlassstelle Molli“ waren 7 weitere stationäre Kameras in Betrieb. Im Verlauf der technischen Sperre wurden 30 Wärmebildkameras – stationär und mobil – eingesetzt.

Bild: 070606

Diese Videoüberwachungsmaßnahmen erfolgten im Zeitraum vom 29.05. bis 09.06.2007. Die Videoüberwachung unterstützte eine fundierte Lagebeurteilung des Polizeiführers sowie der Einsatzabschnittsführer und ermöglichte ein frühzeitiges sowie effektives Agieren mit dem Ziel der Gewaltminimierung/Konfliktminderung (z. B. Durchführung von Gefährderansprachen) und einen effizienten Kräfteeinsatz. Polizeiliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, insbesondere gegenüber erkanntem Gewaltpotenzial, sollten schon im Ansatz erkennbar unfriedlichen Verhaltens durchgeführt werden können. Eine nur mündliche Übermittlung des Geschehens anlässlich des Weltwirtschaftsgipfels durch vor Ort eingesetzte Beamte hätte für eine sachgerechte Beurteilung der Lage nicht ausgereicht. Eine unmittelbare Bildübertragung war insoweit unerlässlich.

Zu welchen nach Absatz 3 Satz 1 bis 3 angeordneten Bild- und Tonaufzeichnungen hat der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Einwände erhoben und zu welchen konkreten Maßnahmen haben diese ggf. geführt?

Über die beabsichtigten Videoüberwachungsmaßnahmen anlässlich des Weltwirtschaftsgipfels in Heiligendamm ist der Landesdatenschutzbeauftragte M-V im Rahmen eines Arbeitsbesuches bei der Besonderen Aufbauorganisation (BAO) Kavala unterrichtet worden. Im Ergebnis dieser Besprechung wurden mögliche Maßnahmen durch die Polizeiführung erläutert und mit dem Landesdatenschutzbeauftragten M-V abgestimmt. Die Ergebnisse dieser Besprechung wurden in der Videokonzeption der BAO Kavala, wie unter der Nr. 4.5 dargestellt, umgesetzt.

Die Polizeidirektion Rostock ist den Empfehlungen des Datenschutzbeauftragten gefolgt und hat die entsprechenden technisch-organisatorischen Maßnahmen getroffen, um Eingriffe in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung auszuschließen. Die Polizeidirektion Rostock wird für zukünftig zu installierende Videoüberwachungsanlagen auch das vom Datenschutzbeauftragten erwähnte Schutzprofil „Software zur Verarbeitung von personenbezogenen Bilddaten“ berücksichtigen.

Hat es im Rahmen der Videoüberwachung oder bezogen auf Maßnahmen der Bild- und Tonaufzeichnung Beschwerden, Widerspruchs- oder Gerichtsverfahren gegeben und falls ja, wann, welchen Inhalts und mit welchem Ergebnis?

Neben der in der Antwort zu Frage IV.4.6 erwähnten Beschwerde im Bereich der Polizeidirektion Schwerin sind beim Landesdatenschutzbeauftragten und bei der Polizeidirektion Rostock Nachfragen und Eingaben zur Einrichtung der Bildüberwachung eingegangen. Im Zusammenhang mit dem Weltwirtschaftsgipfel in Heiligendamm gab es keine Beschwerden, Widerspruchs- oder Gerichtsverfahren gegen Maßnahmen der Videoüberwachung, die entsprechend der Videokonzeption der BAO Kavala durchgeführt wurden.

In welcher Form waren Stellen außerhalb der öffentlichen Verwaltung seit Oktober 2001 an einer Gefahrenabwehr beteiligt, für die die Kenntnis von durch die Landespolizei übermittelten personenbezogenen Daten erforderlich erschien?

Es gibt eine Vielzahl von Fällen, in denen es im täglichen Leben erforderlich ist, Daten von der Polizei an Stellen außerhalb der öffentlichen Verwaltung zu übermitteln. Solche Datenübermittlungen erfolgten beispielsweise an Rettungsdienste, Krankenhäuser, Abschleppunternehmen und Verkehrsbetriebe (im Rahmen der öffentlichen Fahndung). Weitere Fälle, in denen Stellen außerhalb der öffentlichen Verwaltung beteiligt wurden, waren z. B. Fahndungsmaßnahmen nach vermissten, hilfsbedürftigen Personen oder auch Verfahren zur Akkreditierung im Zusammenhang mit Großveranstaltungen.

An welche ausländischen öffentlichen und über- oder zwischenstaatlichen Stellen wurden personenbezogene Daten mit welchem Zweck und welchen Ergebnissen im Einzelnen durch die Landespolizei übermittelt und in wie vielen Fällen unterblieb eine entsprechende Übermittlung aus welchen Gründen?

Durch die Landespolizei erfolgt keine statistische Erfassung der Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche und über- oder zwischenstaatliche Stellen. Eine retrospektive Ermittlung des Umfangs der erfolgten Datenübermittlungen ist nicht möglich.

Beim automatisierten Abgleich mit welchem Fahndungsbestand bzw. mit welchen anderen Dateien (bitte getrennt nach den jeweiligen Ordnungswidrigkeiten bzw. Straftatbeständen angeben) waren bisher Trefferanzeigen zu verzeichnen?

Seit Inkrafttreten des § 43a SOG M-V am 29.07.2006 bis zum 30.06.2008 erfolgte der Einsatz des Automatischen Kennzeichenlesesystems (AKLS) ausschließlich im Rahmen der Bewältigung des Polizeieinsatzes aus Anlass des Weltwirtschaftsgipfels 2007. Dazu wurde eine Abgleichsdatei für das AKLS erstellt. Diese setzte sich aus den Beständen folgender Dateien zusammen:

- INPOL-Bestand Mecklenburg-Vorpommern von Personen mit Hinweis „Straftäter linksmotiviert“ und „Gewalttäter linksmotiviert“,

- INPOL-Bestand Bund „Gewalttäter linksmotiviert“ sowie

- Störer-Auskunftsdatei der BAO Kavala.

Im Einsatzzeitraum wurden vier Treffer in der Abgleichsdatei verzeichnet.

Hat es im Zusammenhang mit dem Verfahren bei amtlichem Gewahrsam Beschwerden, Widerspruchs- oder Gerichtsverfahren gegeben und wenn ja, wann, welchen Inhalts und mit welchem Ergebnis?

Angaben zum Weltwirtschaftsgipfel 2007:

Darüber hinaus erfolgten im Zusammenhang mit dem Polizeieinsatz anlässlich des Weltwirtschaftsgipfels 2007 in der Haupteinsatzphase 646 Gewahrsamsnahmen. Es wurde keine Statistik darüber geführt, wie viele Widersprüche es vor Ort gegen freiheitsentziehende Maßnahmen gab.

Von den 646 Gewahrsamsnahmen wurden 628 Fälle gerichtlich überprüft. In 158 dieser Fälle ordneten die Richter die Fortdauer des Gewahrsams über 24 Stunden hinaus an. In weiteren 163 Fällen lehnte das Gericht die Fortdauer des Gewahrsams ab. In 307 Fällen zog die Polizei die Anträge zurück, da Gründe für die Fortdauer des Gewahrsams entfallen waren. In 207 Fällen wurde Beschwerde gegen die jeweils ergangene gerichtliche Entscheidung eingelegt. Davon sind derzeit 96 Verfahren abgeschlossen. In 59 Verfahren wurde die Entscheidung des Gerichts über die Fortdauer des Gewahrsams bestätigt, in den übrigen Fällen abgelehnt. Mithin liegen in 111 Verfahren noch keine abschließenden gerichtlichen Entscheidungen vor. Streitgegenstand von 97 dieser 111 Verfahren ist die Gewahrsamsnahme selbst. In den übrigen 14 Verfahren sind die Kosten im Zusammenhang mit der Gewahrsamsnahme Gegenstand des Verfahrens.

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