2009-08-01 

Prozeß gegen Dresdner NATO-Gegner

Prozessbericht 29.07.2009 Jan

vorausgegangen war dieser Berufungsverhandlung ein Schnellverfahren am 06.04.2009 in dem er mit einer 6 monatige Haftstrafe sowie 3 jährigem Einreiseverbot für Frankreich verurteilt wurde.

Der Prozeß fand in 2. Instanz am Cours d'appel de Colmar, am 29.07.2009 statt.
Die Anklage lautete: tragen einer Waffe 6. Grades (Eisenstange), T-Shirt „anarchistes, black bloc“

Bild: Knast in Strasbourg

Richter: verliest die Anklageschrift

Im Zuge des (Anti-) NATO-Gipfel am 02.04.09 in Strasbourg wird der Angeklagte beschuldigt sich mit einer Eisenstange, was einer Bewaffnung 6. Grades entspricht und einem schwarzen T-Shirt, in einer unerlaubten Gruppierung in einem Waldstück bewegt zu haben.
Neben dem Polizeiaufgebot waren ebenfalls Helikopter und Kameras im Einsatz. Diese haben Aufzeichnungen und Fotos der Situation am 02.04.09 18h an der Ecke Rue de la Couronne (?)/ Rue de la Chapelle gemacht. Dort fand eine nicht genehmigte Demonstration statt.
17 Leute wurden zu diesem Zeitpunkt (gegen 18h) zusammen mit dem Angeklagten festgenommen, der Angeklagte fand sich auf dem Boden liegend wieder.

Es gibt keine Kamera die eine Beteiligung des Angeklagten an einer gewaltvollen Handlung aufgezeichnet hat.

Richter2:

Vom zweiten Richter wurde der Angeklagte bezüglich seiner persönlichen Situation befragt. Vor allem relevant waren Aussagen zu seinem bisherigen Werdegang und seinen polizeilichen Registrierungen. Der Angeklagte sagte aus, keine Eintragungen im Strafregister zu haben. Der Richter sagte daraufhin, dass er dies bezweifle, der Angeklagte könne ja viel erzählen.
Jan sagte zum Anklagepunkt der Bewaffnung, dass er die Eisenstange lediglich mitgenommen habe, um sein Zelt zu reparieren, da dieses kaputt gewesen sei. Da er sich in Strasbourg nicht ausgekannt habe, sei er Leuten hinterher gegangen, die vermutlich auch zurück in das Camp wollten. So sei in die Situation im Wald geraten, bei der er festgenommen wurde.
Auf Nachfrage des Richters warum Jan bei der Polizei keine Aussagen gemacht hätte, antwortete Jan, dass dies in Deutschland so üblich wäre.

Staatsanwalt:

Betreffend dem Angeklagten T. gab der Staatsanwalt zu verstehen, dass dieser sich in einer illegalen Zusammenrottung mit anderen Menschen befunden hätte. Er betonte, dass in einer Demokratie das Demonstrieren legal wäre, da die Demonstrationsordung Regeln vorgibt, denen man zu gehorchen habe und dies daher keine illegale Sache sei.
Illegal ist es aber, an einer nicht genehmigten Zusammenrottung teilzunehmen und sich in dieser mit einer Eisenstange aufzuhalten, da die Eisenstange dazu benutzt werden könne Menschen zu bedrohen, zu verletzten oder sogar umzubringen!
Der Polizist, der zum Zeitpunkt der einzige Zeuge war, hatte ausgesagt, dass der Angeklagte zum Festnahme Zeitpunkt ein schwarzes T-Shirt dabei hatte auf dem Anarchie, Rebellion und Gewaltverherrlichung propagiert wurde.
Die Zeugenaussage des Polizisten erachtete er als glaubwürdig, da dieser den französischen Staat repräsentiere und seine Arbeit mache.
Niemand hätte zwar gesehen, wie der Angeklagte etwas kaputt gemacht habe, aber als Beweis für seine Handlung reiche die Eisenstange die er bei sich trug.
„Unglücklicherweise“, sei die Eisenstange NUR als Waffe der 6. Kategorie eingeordnet worden.
Im Gegensatz zur Aussage des Polizisten stehe die Aussage des Angeklagten, der sich in einer Zusammenrottung mit mehreren Menschen befunden hätte, eine Eisenstange bei sich trug, sowie ein gewaltverherrlichendes T-Shirt.
Wer ein T-Shirt mit einer eindeutigen Positionierung zu einem politischen Lager trägt, der müsse zumindest mit diesem Lager sympathisieren!
Laut der vorliegenden Akte gäbe es keinen Zweifel an der Schuldigkeit des Angeklagten und die bereits erhobene Haftstrafe von 6 Monaten und das 3 jährige Einreiseverbot seien für ihn angebracht.
Außerdem habe der Angeklagte sowieso schon ein bisschen mehr als die Hälfte abgesessen.
Der Staatsanwalt hält an dieser Strafe fest.

Verteidigerin Mengus:

Geht detailliert auf die Situation in Strasbourg (Helikopter, massive Polizeipräsenz,...) über das gesamte Wochenende ein. Die ganze Stadt habe sich im Ausnahmezustand befunden.
Der Angeklagte sei am 1. April nach Strasbourg gereist um sich auf dem Protestcamp niederzulassen. Er habe weder die örtlichen Gegebenheiten gekannt, noch die französische Sprache gesprochen, um sich in irgendeiner Form verständigen zu können.
Parallel zum Gipfel in Strasbourg habe der G20 Gipfel stattgefunden, bei dem ein Mensch ums Leben gekommen sei. Die Situation sei danach nicht nur in London, sondern auch in Strasbourg angespannt gewesen.
Permanentes Polizeiaufgebot und Helikoptereinsätze hätten dazu geführt, dass Menschen in Panik geraten seien. Viele hätten Angst vor den Tränengasgranaten der Polizei gehabt.
Auf Grund der Zustände wäre die Situation eingetreten, in der sich der Angeklagte wieder gefunden habe.
Die Gruppe die im Wald festgenommen wurde, hätte keinerlei Latten oder ähnliches dabei gehabt im Gegensatz zu organisierten Gruppen.
Sie kritisierte die extreme Gewalt von Seiten der Polizei und sprach von einer repressiven und Exempel statuierenden Justiz.
Vom Angeklagten wäre in keiner Form irgendeine physische Gewalt ausgegangen.
Überall wären Kameras gewesen, dennoch gäbe es keinerlei Anhaltspunkte für eine Gewaltanwendung des Angeklagten.
Natürlich könnten Eisenstangen töten, aber im Falle des Angeklagten sei man in diesem Punkt, einer völlig falschen Einschätzung unterlegen, da dieser die Eisenstange nur aufgesammelt habe, um sein Zelt befestigen zu können.
6 Monate Haftstrafe wären in diesem Fall völlig unangebracht
Die Anwältin kritisierte die Haftzeit und den erlebten Krankenhausaufenthalt des Angeklagten als Rechtsverletzung. Der Angeklagte habe sich nach seiner Blinddarm OP in einem Krankenzimmer wieder gefunden, welches kein Fenster gehabt hatte und 24h beleuchtet gewesen sei. Ihm sei weder Buch, Stift noch Papier gereicht worden, so dass ihm nur die Möglichkeit geblieben wäre an die Decke zu starren.
Der Angeklagte sei Freizusprechen, da ihn keinerlei Schuld träfe.

Verteidiger Lederle:

Er sagte, er wäre als junger Mensch auch auf Demos gegangen. Er ging wiederholend auf den Ausnahmezustand in Strasbourg, zum NATO-Gipfel ein und betonte die Friedfertigkeit seines Mandanten. Er verlas eine Zeugenaussage die die Friedfertigkeit seines Mandanten belegen sollte und wies noch einmal darauf hin, dass die Nichtaussagen des Angeklagten beim Polizeiverhör der deutschen üblichen Praxis geschuldet sei, bei der nichts ohne Anwesenheit eines Anwaltes ausgesagt werden würde.

Urteil: FREISPRUCH

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