2009-07-07 

Guido Bertolaso - Der Problemlöser

von Andre Tauber

Italiens Zivilschutzchef Guido Bertolaso muss den Ablauf des G8-Gipfels und die Sicherheit der Staats- und Regierungschefs garantieren. Er ist derzeit der wichtigste Mitarbeiter im Stab von Regierungschef Silvio Berlusconi.

Die italienischen Erdbebenforscher sind in Alarmbereitschaft. Sie sitzen im Kommandoraum des Zivilschutzes in der Kaserne der Finanzpolizei in L’Aquila. Dort also, wo am Mittwoch das dreitägige Gipfeltreffen der G8-Staaten beginnt. Für den Fall, dass die Computer ein Beben registrieren, werden sie einen Mann informieren, der hier die Verantwortung trägt: Guido Bertolaso . Der muss entscheiden, ob man die Staats- und Regierungschefs evakuiert.

Bild: Bertolaso

Der 59-Jährige ist Chef des italienischen Zivilschutzes. Und dieser Tage der derzeit wichtigste Mitarbeiter von Premier Silvio Berlusconi. Bertolaso leitet nicht nur die Nothilfe nach dem Erdbeben von L’Aquila. Er ist auch dafür zuständig, dass der G8-Gipfel effizient und sicher abläuft. Wenig liegt dem innenpolitisch wegen Sexskandalen unter Druck stehenden Berlusconi so am Herzen, wie in der Außenpolitik zu glänzen und sich als Macher zu präsentieren.

Politik interessiert ihn nicht, beteuert Bertolaso. Er kann darauf verweisen, dass er auch unter den linken Regierungschefs Massimo D’Alema und Romano Prodi steil Karriere machte. Gleiches Bild unter Berlusconi: Dem Premier ist der Zivilschutzchef sogar treu ergeben. Und Bertolaso ist klug genug, sich bei Berlusconis Auftritten stets diskret im Hintergrund zu halten, etwa wenn dieser die Erdbebenregion besucht. Der Helfer widerspricht auch nicht, wenn der Premier allzu blumige Versprechungen macht. Mehr noch: Mit Begeisterung verteidigt Bertolaso die Entscheidung, den Gipfel von Sardinien nach L’Aquila zu verlagern.

Einige betrachten mit Sorge, wie stark der Mann seine Macht ausbaut. Eigentlich beschränkt sich die Aufgabe des Zivilschutzes darauf, bei Großkatastrophen wie Überschwemmungen einzugreifen sowie Großveranstaltungen wie die Radweltmeisterschaft zu organisieren. Doch Bertolaso macht mehr. Er wird von der Zentralregierung eingesetzt, um Probleme zu lösen, an denen Lokalpolitiker scheiterten. Prodi und Berlusconi beauftragten ihn etwa, die Müllmisere in Neapel zu beenden. Bertolaso sollte zudem Kulturgüter in Rom vor dem Verfall retten.

Für den Arzt, der einst ein Krankenhaus in Kambodscha leitete und später die humanitäre Hilfe im Außenministerium verantwortete, steht Effizienz im Vordergrund. Er zögerte daher nicht, Kompetenzen an sich zu reißen. Ein Geschäftsmann aus L’Aquila beklagt, dass die Stadtverwaltung in dem Ort seit dem Beben am 6. April nichts mehr zu sagen hat: “Wenn man nicht ganz entschlossen handelt, übernimmt der Zivilschutz das Kommando.”

Bertolaso weiß, dass er seine Zuständigkeit überschreitet. “Ich mache mehr, als ich muss”, sagt er in Bezug auf seine Arbeit in L’Aquila, wo er sich schon längst mit dem Wiederaufbau der Region befasst statt allein mit der Nothilfe für die Bevölkerung. Allerdings: “Ich schlafe in einer Kaserne, ich esse mit Erdbebenopfern. Wer will denn meine Macht haben?”