2009-03-31 

Belagerungszustand light

15000 Polizisten, AWACS-Überwachungsflugzeuge und Meldeauflagen für linke Aktivisten sollen NATO-Gipfel schützen

Von Claudia Wangerin

Die Vorbereitungen für den NATO- Gipfel in Strasbourg, Kehl und Baden-Baden gehen in die Endphase – auch bei den Gegnern.

Bild: Camp Strasbourg

Zur zentralen Demonstration am kommenden Samstag erwarten die Veranstalter vom Aktionsbündnis »No to NATO – No to War« mehrere zehntausend Teilnehmer aus über 30 Ländern. Das internationale Protestcamp an der Rue de la Ganzau in Strasbourg- Neuhof befinde sich noch im Aufbau, nehme aber schon deutlich Gestalt an, gab das Bündnis am Montag in Berlin bekannt.

»Die Protestfront steht«, sagte Demonstrationsleiter Reiner Braun. Der Geschäftsführer des Bündnisses internationaler Juristen gegen den Atomkrieg (IALANA) lobte die Bereitschaft der NATO-Gegner, sich zu engagieren, und kritisierte die »behördliche Paranoia «, die das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zum Gnadenbrot mache. So habe man sich mit den französischen Behörden zwar auf einen Ort für die Auftaktkundgebung der Hauptdemonstration in Strasbourg einigen können, aber noch nicht auf eine Route und einen Abschlußort in räumlicher Nähe zum Gipfeltreffen.

Auf deutscher Seite sei es den Demonstranten nicht erlaubt, Kapuzenpullis oder Halstücher zu tragen, schnell zu laufen, die Demonstration zu verlassen, Transparente parallel zur Laufrichtung zu tragen oder näher als 1,50 Meter an Polizisten heranzutreten. Die Polizei rechnet zur Zeit mit 15 000 bis 25 000 Gipfelgegnern auf beiden Seiten des Rheins. Allein auf deutscher Seite werden ihnen knapp 15 000 Polizisten gegenüberstehen. »Ich würde mich freuen, wenn die Polizei auch nicht näher als 1,50 an uns herantritt«, erklärte Monty Schädel von der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) am Montag in Berlin. Das Aktionsbündnis, dem mehr als 600 Organisationen angehören, rufe zu friedlichen Protesten auf und habe seine eigenen Deeskalationsstrategien. So zum Beispiel das Auftreten der »Clowns’ Army«, das einer aggressiven Stimmung entgegenwirken soll. In Baden-Württemberg gibt es laut Innenminister Heribert Rech (CDU) bereits Meldeauflagen für »Anhänger der linksextremistischen Szene«. Mehrer Personen seien im Vorfeld des NATO-Gipfels von der Polizei gezielt angesprochen worden und müßten nun regelmäßig auf dem Polizeirevier ihres Wohnortes erscheinen, sonst drohe ihnen die Festnahme.

Der Luftraum über dem deutschfranzösischen Grenzgebiet soll während des Gipfeltreffens mit AWACS-Aufklärungsflugzeugen überwacht werden – auf Bitten der Bundesregierung, wie am Montag das militärische NATO-Hauptquartier im südbelgischen Mons mitteilte. Eingesetzt würden sowohl AWACS vom NATO-Stützpunkt in Geilenkirchen bei Aachen als auch britische und französische Maschinen. Dabei sind die Organisatoren der Proteste zum Dialog bereit: In einem offenen Brief haben sie US-Präsident Barack Obama um ein Streitgespräch, unter anderem über seine Afghanistan- Strategie gebeten. Eine Antwort steht noch aus.