2009-03-23 

Angst um Schaufenster hält sich im Rahmen

Wie sich Kehler Einzelhändler auf Gipfel-Demonstranten vorbereiten

Spätestens wenn über unseren Köpfen vermehrt Hubschrauber kreisen und auf der Straße öfters Polizisten unterwegs sind, ahnt man: Der Nato-Gipfel ist nicht mehr weit. Manche Kehler Einzelhändler zerbrechen sich den Kopf, damit ihre Schaufensterscheiben nicht zu Bruch gehen.

Black Block

23.03.2009 - Kehl. Die Kehler Einzelhändler nehmen den angekündigten Ausnahmezustand gelassen. Die meisten zumindest. »Wir werden ganz normal von neun bis 19 Uhr geöffnet haben«, verspricht zum Beispiel Friedhelm Fuchs vom Kaufhaus Schneider. Er rechne zwar mit spärlichem Kundenfluss, aber die Sicherheitsbedenken mancher seiner Kollegen hält er für übertrieben. »Wenn es ernst werden sollte, hab ich einen Schlüssel in der Tasche zum Abschließen.« Im Übrigen müsse die Vandalismus-Versicherung reichen.
Auch die Thalia-Buchhandlung, direkt an einer geplanten Demo-Strecke zwischen Marktplatz und Bahnhof gelegen, wird ganz normal geöffnet haben. Das hofft zumindest Filialleiterin Yvonne Müller-Sprauer. Und auch, dass die Kunden an diesen Tagen überhaupt durchkommen bis zu ihrem Laden. Sie selbst kommt von Baden-Baden her jeden Tag mit dem Zug nach Kehl und ist somit ebenfalls auf einen reibungslos ablaufenden Bahnverkehr angewiesen.

Zur Verkehrslage formuliert auch Frank Riebel, Geschäftsleiter des Sporthaus Hahn und Vorsitzender des Kehler Einzelhandels, Bedenken: »Für den Fall, dass einige der Kollegen aus Straßburg am Samstagmorgen nicht durchkommen, wären spätere Öffnungszeiten vielleicht sinnvoll.« Darüber soll aber erst das Ergebnis eines Rundschreibens an die Einzelhändler entscheiden. Für eine komplette Schließung während des Nato-Gipfels sieht er keinen Anlass

Anderen erscheinen die anfangs noch heftig dementierten Gerüchte von verbarrikadierten Schaufenstern auf einmal gar nicht mehr so abwegig. Zwar geht die Polizei davon aus, in Schadensfällen die Verursacher benennen zu können, aber was ist, wenn nicht? Bei der Woolworth-Filiale jedenfalls will man möglichst wenig dem Zufall überlassen. »Für nachts haben wir einen zusätzlichen Wachdienst engagiert und so geplant, dass die Mitarbeiter, die aus Frankreich kommen, an diesen Tagen nicht arbeiten müssen«, erklärt stellvertretende Filialleiterin Rosemarie Busser. »Für den äußersten Notfall haben wir auch bereits eine Schreinerei und eine Glaserei kontaktiert.«
Der »äußerste Notfall«, das wären randalierende und gewalttätige Demonstranten. Dafür möchte auch Noelia Lehmann vom gleichnamigen Kehler Juweliergeschäft gewappnet sein: »Wir wissen noch nicht genau, was wir machen, aber auch wir haben vorsichtshalber schon Absprachen mit einer Schreinerei getroffen, das Schaufenster-Zunageln steht definitiv noch zur Diskussion.«
Doch endgültig entscheiden will sich offenbar niemand. Überall wird noch geschaut, »was die anderen machen«. »Schließlich will niemand der einzige sein mit Brettern vor dem Fenster«, formuliert es Lehmann. Mit Brettern und Nägeln hätte gerne die Schreinerei Kubitschek in Neumühl ausgeholfen. »Wir haben Angebote für den Einzelhandel gemacht, aber leider keine Aufträge bekommen«, sagt Gisela Kubitschek-Müller.
Elektrofachhändler Zaspel vertraut derweil auf sein Sicherheitsglas. Zwar steht auch er mit einer Schreinerei in Kontakt, »aber wenn etwas sein sollte, kämen die ja auch nicht mehr durch«, gibt Alexander Zaspel zu bedenken. Mehr Sorgen mache er sich um das Ausbleiben der Kunden.

Auf mehr Kundschaft freut man sich dagegen in »Georgie’s Grillstube«, einer Kneipe im Bahnhof. »Bei so viel Polizeipräsenz sollte eigentlich nicht viel passieren«, sagt Bedienung Katharina Dzeik. Der Zeitungsladen gegenüber solle ja auch geöffnet haben, meint sie. Dort aber will man darüber keine Auskunft geben, vieles »hinge noch in der Luft«, heißt es.
Auch für Rainer Blocher, Filialleiter der Dresdner Bank mit ihrer hohen Glasfassade gegenüber dem Bahnhof, ist noch vieles unklar. Ob und was unternommen wird, müsse noch mit der Zentrale abgesprochen werden, sagt er. Man dürfe ja nicht übertreiben, andererseits gehe es hier aber um den Schutz von Mitarbeitern und Kunden.

Autohaus schließt
Ebenfalls in exponierter Lage nahe der B 28 befinden sich etwa die Autohäuser S&G und die Rheingarage Baumert. Beim letzteren werden alle Fahrzeuge bereits eine Woche vor dem Nato-Gipfel vom Hof geräumt. S&G hat sogar ganz geschlossen. Und auch an dem noch nicht eröffneten City-Center werden nach Angaben der zuständigen Firma HBB entsprechende Sicherheitsvorkehrungen getroffen.