2009-02-26 

Proteste gegen Nato-Gipfel: Warnung vor "Bürgerkriegsszenario"

Aktivisten befürchten schwere Auseinandersetzungen in Straßburg, falls die Behörden ihre Strategie nicht ändern. Bislang darf in der Innenstadt nicht demonstriert werden. VON INGO ARZT

STUTTGART taz Der Streit um die Demonstrationen gegen den Nato-Gipfel am ersten Aprilwochenende in Straßburg, Kehl und Baden-Baden spitzt sich zu. GegnerInnen des Nato-Gipfels wollen sich gegen ein Demonstrationsverbot in Straßburg zur Wehr setzen. Die gesamte Innenstadt soll in eine sogenannte rote Sperrzone verwandelt werden, eine Fläche mit einem Radius von sieben Kilometern, sagte Reiner Braun vom Internationalen Koordinationskomitee "No to Nato", obwohl das Kongresszentrum der Gipfelteilnehmer am Rande der Innenstadt liegt. Was dort geplant ist, sei "ein Bürgerkriegsszenario", sagte Braun.

Bild: London

Geht es nach dem Willen der Behörden, soll die für den 4. April geplante Demonstration am Hafen von Straßburg ihren Ausgang nehmen, die allerdings um die Stadt herum geleitet werden soll. Das Protestbündnis plant deswegen eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Eine Grundsatzentscheidung könnte derartige Verbote in Zukunft verhindern, sagte Braun und hofft, dass die Behörden innerhalb der nächsten zwei Wochen von ihrem Kurs absehen. Andernfalls drohe eine Eskalation der Situation, sagte Braun. Tausende Demonstrierende könnten auf eigene Faust versuchen, in die Stadt zu gelangen.

Auf der deutschen Seite des Gipfels, in Baden-Baden und Kehl, gebe es bisher zwar noch keine Demonstrationsverbote, berichtet Braun. Allerdings seien auch noch keine Demonstrationen von den Behörden abgesegnet. Sicherheitszonen, geschlossene Grenzübergänge, gesperrte Straßen und gesperrter Zug-, Schiffs- und Flugverkehr werden auch auf deutscher Seite zu beträchtlichen Einschränkungen für Bevölkerung und Protestierende führen. Braun forderte die Behörden auf, Abstand zu nehmen "von diesem Konfrontationskurs".

Vor einer Ausnahmesituation warnt indes auch die Gegenseite: Der baden-württembergische Innenminister Heribert Rech (CDU) rechnet mit bis zu 25.000 Gipfelgegnern, darunter 3.000 sogenannte gewaltbereite Aktivisten. Nach derzeitigem Stand müsse mit "einer ansehnlichen Zahl von autonomen Nato-Gegnern aus der linken Szene" gerechnet werden, sagte Rech. Damit den Behörden genug Einsatzkräfte zur Verfügung stehen, hat er vorsorglich für das Aprilwochenende sämtliche Fußballspiele abgesagt.