2008-12-08 

Italien: Freispruch von G8-Gegnern angefochten

Die Staatsanwaltschaft Cosenza hat den Freispruch von 13 G8-Gegnern angefochten, die von 2002 bis 2008 unter Anklage standen, weil die Ankläger ihnen die Mitgliedschaft in einer subversiven Vereinigung unterstellten und sie als solche für mehrere Auseinandersetzungen bei Protesten wie dem G8 in Genua und dem OECD in Neapel im Jahr 2001 verantwortlich machten.

Bild: Demonstration

Im Grunde hatte ihnen die Staatsanwaltschaft die konspirative Herbeiführung der Unruhen vorgeworfen - der Anklageführer behauptete, dass alle 13 sich im Konsens über Gewalt als Methode und Auseinandersetzungen mit Ordnungskräften als Ziel verbündet und vom Mai bis zum Juli 2001 gemeinschaftlich das Ziel verfolgt hätten, mittels Gefährdung der öffentlichen Ordnung in Genua die Aktivitäten der Staatshäupter und Regierungschefs beim G8 zu blockieren. Staatsanwalt Fiordalisi hatte auf dieser Grundlage Strafen für insgesamt über 50 Jahre Haft und weitere 26 Jahre in eingeschränkter Freiheit beantragt. Die Staatsadvokatur hatte als Verteterin des italienischen Staates, der als Nebenkläger angetreten war, zudem 5 Millionen Euro Schadensersatz gefordert. Um ihre Konstrukte zu untermauern, hatten sie mit einer Verbissenheit, die beinahe sprichwörtlich wurde, verstaubte Paragrafen und Urteile ausgegraben, die aus den Zeiten des Widerstands gegen den Faschismus bzw. den "bleiernen Jahren" gefällt stammten und ein mit unzähligen Abhörmitschnitten gespicktes, aus Berichten der Digos von Cosenza und der R.o.s der Carabinieri zusammen geschustertes copy-and-paste Werk präsentiert.

Am 23. April 2008 benötigte das Richterkollegium gerade einmal eineinhalb Stunden, um sich über die haltlose Fadenscheinigkeit der Konstrukte des Staatsanwalts endgültig zu einigen. Die 13 wurden frei gesprochen; die vorgeworfene Tat habe keinen Bestand, so die Richter. Nach Verkündung des Freispruchs hatten die frisch entlasteten AktivistInnen und ihre UnterstützerInnen ihrem Jubel freudigst freien Lauf gegeben. Auf manchen Freudeschrei und die Begrüßung des Urteils mit erhobenen Fäusten folgten an die Ankläger und an die Polizei adressierte Sprechchöre, mit denen die jahrelangen Schikanen und die dreisten Konstrukte, mit denen versucht worden war, sie hinter Gittern zu bringen, lautstark quittiert wurden. Dass es nicht vorbei sein würde, war ihnen klar. Es war bereits bekannt, dass die Staatsanwalt, die in Genua gegen 25 Protessteilnehmer vorgegangen war, die im November 2007 dann zu insgesamt über 100 Jahren Haft verurteilt wurden, Berufung eingelegt hatte, weil sie das Urteil des Gerichts zu milde fand. Daran, dass von Staatsanwalt Fiordalisi die gleiche Verbissenheit zu erwarten sei, bestand kein Zweifel. Selbst zum Zug kam Fiordalisi allerdings nicht mehr. Im Mai 2008 war er Oberstaatsanwalt in Lanusei auf Sardinien geworden.

Die Zeit ist trotzdem gekommen. Das Anfechtungsbegehren trägt die Unterschriften des Oberstaatsanwalts von Cosenza Dario Granieri und der Staatsanwälte Claudio Curreli und Antonio Tridico. Die Tatsache, dass die Unterzeichner der Urteilsanfechtung nichts zur Begründung vorbringen konnten, außer, dass schwerwiegende "Indizien" vorliegen würden, lässt vermuten, dass lediglich ein neuer Anlauf mit dem Alten Kartenhaus Fiordalisis versucht werden soll. Dafür spricht auch die Tatsache, dass die Unterzeichner der Anfechtung vorsichtshalber auch beanstanden, dass die Geschworenen des Schwurgerichts, das berufen war, über die Position der Angeklagten zu befinden, nach dreizehn Verhandlungen ausgetauscht worden waren. Angesichts der Zweierlei-Maß-Politik, die gerade durch die Abwicklung der Verfahren rund um den G8 2001 offenkundig wurde, sollte der Vorstoß in Cosenza jedoch nicht auf die leichte Schulter genommen werden.