2008-12-05 

NATO-NO!

Bundeswehr der drittgrößte „Arbeitgeber“ in Köln

„60 Jahre Nato sind zuviel“ lautete das Motto der Veranstaltung, zu der neben Bundeswehr wegtreten, die internationale sozialistische linke (isl), die Interventionistische Linke Köln, das Antikapitalistisches Bündnis Cölln–ABC (DFV, ÖDP, RSB, die KEAS, SALZ), der Unterstützerkreis für eine Sozialistische Kooperation (SoKo) in NRW und VsP aufriefen.

Nur wenige Stunden zuvor war ein Wintersturm mit Regen und Schneeschauern über Köln gebraust, der auch den öffentlichen Nahverkehr stark beeinträchtigte und unseren Referenten Martin Hantke erst mit fast zweistündiger Verspätung eintreffen ließ. Auch die geringe Beteiligung von nur knapp 30 Personen schien mit diesem Wetterereignis zusammenzuhängen. Es mag auch der Freitagstermin und die unter „linken Kölschen“ bislang unbekannte Örtlichkeit (Atelier Colonia, Köln-Ehrenfeld) dabei eine Rolle gespielt haben.

Das tat der Qualität der Veranstaltung jedoch keinen Abbruch, und vor dem Eintreffen des Referenten berichtete Moni von „bundeswehr wegtreten“ ausführlich über die laufenden Aktivitäten vor Ort.
Größter Militärstandort in Deutschland
Es ist kaum bekannt, dass die Bundeswehr in Köln nach Stadtverwaltung und den Ford-Werken den drittgrößten „Arbeitgeber“ und bundesweit den größten Militärstandort darstellt. Mit der offensiv vorangetriebenen Militarisierung der zivilen Lebensbereiche ist auch die Kölner Bevölkerung konfrontiert. Bisher konnten wirksame Gegenaktionen die Werbemaßnahmen in den Räumen der Arbeitsagentur skandalisieren und die Werbetrupps des Militärs immer wieder zum Rückzug bewegen. Der systematische Werbefeldzug an den Kölner Schulen ist aktueller Gegenstand der Auseinandersetzungen, und dabei wird das Kooperationsabkommen des NRW Kultusministeriums mit dem Wehrbereichskommando II derzeit noch generell abgelehnt.

„bundeswehr wegtreten“ führt die Auseinandersetzung mit dem Ziel, dass Schule und Ausbildung „militärfreie Zonen“ darzustellen haben. Der vom örtlich zuständigen Generalmajor Diepenhorst formulierte Anspruch, dass die Jugendoffiziere „Mittler in der politischen Bildung“ darstellten, wird von der Initiative deshalb energisch zurückgewiesen.
Martin Hantke von IMI in Tübingen (http://www.imi-online.de) erläuterte den Hintergrund zu diesem Militarisierungsvorstoß in den zivilen Bereich hinein. Die Nato befinde sich in einem Mutationsprozess von einem normalen imperialistischen Militärbündnis zu einem aggressiven Kriegsbündnis für die kommenden weltweiten Ressourcenkriege. Dazu sei es notwendig, dass die Bevölkerung der Nato-Staaten diesen Strategiewandel akzeptiere. Zu den Aufgaben gehöre neben der traditionellen Kolonialtruppenpolitik (Kosovo) die zivil-militärischen Aufstandsbekämpfung (Afghanistan) und der Kampf für die „Neue Weltordnung“ als globale militärische Dominanz (Kaukasus).

Der Referent konzentrierte seine Ausführungen auf die Darlegung strategischer Merkmale, die das Vorgehen des Militärbündnisses bestimmen. So würde mittlerweile die Verhinderung des Zugriffs westlicher Staaten auf globale Ressourcen als „V-Fall “ also als kriegerischer Verteidigungsfall gehandelt, und der ehemalige Generalinspekteur Naumann lege Papiere zur „präventiven“ Atomkriegsführung vor. Die Konfrontation mit Staaten wie Russland oder China werde dabei bewusst einkalkuliert. Diese aufstrebenden Konkurrenzmächte sollen von der Nato in Schach gehalten werden. Die Kriegsgefahr sei damit wieder eine reale Größe in der deutschen Politik, die aktuell bestrebt sei, eine - auch militärische - Führungsrolle in der EU zu übernehmen. Die bisherigen Formen des linken Antimilitarismus werden angesichts dieser Situation obsolet und müssen neu überdacht werden.
In der anschließenden Diskussion wurden Fragen militärstrategischer Bedeutung in Zusammenhang mit der neuen schweren Wirtschaftsrezession angesprochen. Die Aufgaben linker Kräfte vor Ort werden in der kommenden NATO-NO-Kampagne bis April des nächsten Jahres sicherlich noch weiter an Gewicht zunehmen. (PK)
Von Horst Hilse

Horst Hilse arbeitet für den Bildungskreis SALZ - www.salz-köln.de