2008-12-01 

»Die Grünen halten sich noch bedeckt«

Ein breites Bündnis bereitet Proteste gegen den NATO-Gipfel im April 2009 vor. Kritik an behördlicher Informationspolitik. Ein Gespräch mit Gerd Hilger
Interview: Claudia Wangerin

Gerd Hilger ist Sprecher der Aktionsgruppe »Widerstand der zwei Ufer – Kehl«, die sich an der Vorbereitung der Proteste zum 60. Geburtstag des NATO-Militärbündnisses im Frühjahr 2009 in Strasbourg und Kehl beteiligt

Bild: Aufkleber

Ihre Gruppe ist Teil eines größeren Bündnisses gegen den NATO-Gipfel im Frühjahr 2009. Bei den Protest­aktionen erhoffen sich viele Aktivisten eine Größenordnung wie bei den G-8-Protesten 2007 in Heiligendamm. Welche Organisationen sind bisher beteiligt?

Unter anderem die VVN-BdA, die Deutsche Friedensgesellschaft und viele Einzelpersonen, darunter vor allem Gewerkschaftsaktivisten aus Deutschland und Frankreich – und natürlich unsere Gruppe, die sich zur Aufgabe gemacht hat, die Infrastruktur für die Gipfelgegner zu organisieren. In Zusammenarbeit mit der Strasbourger Anti-Nato-Koordination haben wir uns vorgenommen, das Rahmenprogramm auf die Beine zu stellen und die Camps zu organisieren.

Außerdem sind wir Mitglied im bundesweiten Koordinierungsausschuß für die Gipfelproteste, dem auch der Bundesverband der Partei Die Linke, das globalisierungskritische Netzwerk ATTAC, die Friedenskooperative, der Versöhnungsbund und der Friedensratschlag angehören. Ebenso die Ärzte gegen den Atomkrieg, die Interventionistische Linke, die Werkstatt für gewaltfreie Aktionen und die DKP.

Wie sieht es mit den Grünen aus, die sich trotz gegenteiliger Politik manchmal noch traditionell der Friedensbewegung zuordnen?

Die halten sich noch bedeckt, von der Grünen Jugend gab es zwar Angebote zur Unterstützung, aber auf die Nachfrage, wie diese Unterstützung konkret aussehen könnte, haben wir bisher keine Antwort erhalten. Die französischen Grünen sind allerdings im dortigen Bündnis vertreten.

Auf welchen gemeinsamen Nenner haben sich die beteiligten Organisationen inhaltlich geeinigt?

In unserem Appell vom 5. Oktober bezeichnen wir die NATO als immer größer werdendes Hindernis für den Frieden in der Welt. Wir fordern unter anderem die Schließung aller ausländischen Militärstützpunkte, widersetzen uns einem neuen Rüstungswettlauf und lehnen grundsätzlich Atomwaffen und sämtliche Strukturen ab, die für militärische Interventionen genutzt werden. An unserer Aktionskonferenz am vergangenen Wochenende haben 30 Delegierte und Einzelpersonen aus Deutschland, Frankreich und Belgien teilgenommen.

Werden sich die Aktionsformen an denen vom G8-Gipfel in Heiligendamm orientieren?

Mit Sicherheit. Vom zivilen Ungehorsam bis zu den satirischen Aktionen der »Clowns Army« wurde vieles erfolgreich in Heiligendamm erprobt.

Wie weit ist Ihre Gruppe mit der Planung und Vorbereitung der Protestcamps?

Die Camps, die am 1. April eröffnet werden, sollen in erster Linie Rückzugsorte sein. Die Zeit zwischen den Aktionen bis zum 5. April ist knapp bemessen, aber es wird auch ein Kulturprogramm geben. Wir planen außerdem zum Abschluß eine Pressekonferenz auf dem Campgelände. Es ist allerdings noch unklar, wo die Camps stattfinden werden, denn Polizei und Behörden sind nicht gerade kooperativ, wenn es darum geht, daß wir unser Demonstrationsrecht in räumlicher Nähe zum Geschehen wahrnehmen können.

Wodurch wird das im Vorfeld behindert?

Über Ablauf und Umfang der Veranstaltungen im Rahmen des Gipfels werden seit Wochen unterschiedlichste Informationen in die Öffentlichkeit gestreut. Und in der Region werden Flächen für mehrere tausend Demonstranten benötigt. Erst hieß es, der Gipfel würde in Strasbourg und Kehl stattfinden, dann wurde alles von Kehl nach Baden-Baden verlegt und dann soll doch wieder etwas in Kehl sein. Das erschwert uns natürlich die Planung.

Bis jetzt ist nur klar, daß in Strasbourg ein zentrales Camp errichtet werden soll. Die Aktivistinnen und Aktivisten haben auch schon Kontakt zur Präfektur dort aufgenommen, aber sie wurden bis jetzt mit ihrem Anliegen ignoriert.