2008-04-20 

Exporthit Repression

Von Deutschland lernen heißt Militarisierung lernen: Vor dem G-8-Gipfel, der in diesem Jahr im Juli im japanischen To­yako stattfindet, erhält die japanische Regierung von deutschen Behörden umfangreiche Informationen über die globalisierungskritische Bewegung und den Bundeswehreinsatz gegen Demonstranten.

Tornado

In der Antwort auf eine kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke (Die Linke) über die Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden beider Länder schreibt die Bundesregierung, sie habe den Japanern »zugesagt, daß im Rahmen der datenschutzrechtlichen Möglichkeiten jede Information übermittelt wird, die für die Einschätzung der Gefährdungslage in Japan zum G-8-Gipfel erforderlich erscheint«. Dabei sei auch »beabsichtigt, personenbezogene Daten an die japanischen Behörden zu übermitteln«, sofern die betroffenen Globalisierungskritiker für »potentiell gewaltbereit« gehalten werden. Dieser nicht nachprüfbare Vorwurf dürfte Einreisesperren zur Folge haben. Wie ausufernd der Gewalttätervorwurf angewandt wird, zeigte die bundesweite Großrazzia im Mai des Vorjahres, als 40 Wohnungen und Büros von Gipfelgegnern durchsucht wurden. Der Bundesgerichtshof erklärte die Polizeimaßnahme später für rechtswidrig.

Bereits im August vorigen Jahres war der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, zu Gast bei der japanischen Polizei. Einen Monat später folgte eine Delegation des Bundesinnenministeriums. Der Gegenbesuch führte eine Delegation der National Police Agency (NPA) aus Japan zum BKA. Dabei wurden die Japaner auch über Versammlungsverbote rund um Heiligendamm sowie die Zäune und Käfige für Demonstranten unterrichtet. Außerdem wurden umfangreiche Daten über Globalisierungskritiker ausgetauscht: »In Beantwortung eines Fragenkatalogs der NPA hat das Bundeskriminalamt Informationen zu globalisierungskritischen Organisationen mitgeteilt«, schreibt die Bundesregierung weiter. Dabei ging es keineswegs nur um angebliche Gewalttäter, denn ausdrücklich wird eingeräumt, daß auch Angaben zu »nicht extremistisch eingeschätzten Gruppierungen« gemacht wurden.

In Japan sollen 20000 Polizisten zum Gipfel eingesetzt werden. G-8-Gegner gehen davon aus, daß auch dort ein Militäreinsatz bevorsteht. Tatsächlich hat der japanische Militärattaché in Deutschland im Juni 2007, also unmittelbar nach dem Heiligendamm-Gipfel, um Informationen über den Bundeswehreinsatz gebeten. Eine schriftliche Zusammenfassung reichte ihm nicht aus, so daß er zunächst im September und ein zweites Mal im Dezember im Verteidigungsministerium Auskünfte über Umfang und Rechtsgrundlage der militärischen »Unterstützungsleistungen« erhielt. Inlandseinsätze des Militärs sind in Japan, wie auch in Deutschland, rechtswidrig.

»Deutschland leistet Japan Schützenhilfe, um gegen Globalisierungskritiker vorzugehen«, kommentiert Jelpke in einer am Sonntag verbreiteten Erklärung. Die Regierung müsse den Export von »Repressions-Know-how« einstellen, forderte die Abgeordnete.

Von Frank Brendle

[http://www.jungewelt.de/2008/04-21/059.php]