2007-12-03 

Einser-Jurist

Personalie

Klaus Tolksdorf sitzt dem für Staatsschutzsachen zuständigen 3. BGH-Senat vor

von Klaus-Peter Hofmann

Gestern hat der 3. Senat des Bundesgerichtshofes (BGH) Klartext gesprochen: Die militante gruppe (mg) sei »lediglich eine kriminelle und keine terroristische Vereinigung«. Im Fall des Soziologen Andrej Holm hatte sich der vorsitzende Richter Klaus Tolksdorf noch jeglicher Wertung enthalten. Gegen Holm bestehe kein »dringender Tatverdacht«, Mitglied der mg zu sein, so der BGH damals.

Solche Entscheidungen sind für Bundesrichter Klaus Tolksdorf (59) typisch. In Gelsenkirchen geboren, wurde er zunächst Polizist wie sein Vater. Angeblich hat er sich im Streifenwagen aufs Studium vorbereitet, das er als »Einser«-Jurist abschloss:

Bild: Vorsitzender 3. Strafsenat, Tolksdorf

Erst Richter in Bonn und Hamm, wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter am BGH und am Bundesverfassungsgericht. 1992 kam er als Richter zum BGH. Seit 2001 Vorsitzender des 3. Strafsenats, wurde er durch eReihe spektakulärer Urteile bekannt, die teils Unverständnis der Öffentlichkeit, teils Schelte der Bundesanwaltschaft und von Bundesinnenminister Schily, ja sogar des Bundesverfassungsgerichts auslösten. Der Grund: Tolksdorf nimmt die »Tatsachenfeststellungen« der Vorinstanz, die die Ermittlungen auslösen, selbst dann hin, wenn dahinter nur »Überzeugungen« der Richter stecken oder sie _ so im Fall der Korruptionsvorwürfe gegen Wuppertals Oberbürgermeister Kremendahl _ völlig abwegig sind. Dafür geht er umso penibler mit der Beweiswürdigung ins Gericht. Das führte für Kremendahl und seinen Sponsor zur Bestätigung der Freisprüche, im Untreueprozess gegen die Banker Ackermann und Co. wegen Millionen-Abfindungen bei Mannesmann aber zu deren Aufhebung.

Völlig gegensätzliche Revisionsurteile fällte Tolksdorfs Senat auch gegen zwei vermeintliche Helfer der Attentäter vom 11. 9. 2001 in den USA _ trotz gleicher Anschuldigungen und nahezu identischer Indizien: Die Verurteilung des Marokkaners El Motassadeq hob er auf, weil das Oberlandesgericht Hamburg dabei ihm vorenthaltene, möglicherweise entlastende Aussagen in den USA nicht berücksichtigt hatte. Dann bestätigte es den Freispruch für Motassadeqs Landsmann Mzoudi, sprach dann aber selbst El Motassadeq der Beihilfe zum Mord für schuldig. Wieder mit rein formalen Argumenten.

Neues Deutschland, 29.11.2007