2001-10-01 

Nationale und europäische Superstaatsanwaltschaft für Anti-Terrorismus geplant

Innenminister Claudio Scajola und Justizminister Roberto Castelli haben ein neues Projekt: Eine nationale Anti-Terrorismus-Struktur, die ähnlich wie die nationale Anti-Mafia-Struktur aufgebaut ist - und entsprechende Kompetenzen und Möglichkeiten hat. Die Diskussion wird schon länger geführt und auch die Pläne dafür sind nicht erst in den letzten Wochen entstanden. Die Idee einer "Superprocoura" erhielt nach den Anschlägen vom 11. September und mit dem darauffolgenden Treffen der EU-Innen- und JustizministerInnen in Brüssel Aufwind. Nicht nur eine nationale sondern eine europäische Anti-Terrorismus-Koordination müsse aufgebaut werden, so an diesem Treffen die Forderung von Frankreich.

Dies mit jeweils einem nationalen Anti-Terrorismus-Verantwortlichen. Dies erklärte Alfredo Mantova, Staatsuntersekretär des Innenministeriums, in einem Interview in mit der Repubblica. Diesem französischen Vorschlag folgte ein Grundsatzpapier mit "erhöhter Priorität" in der Umsetzung, das von den EU-Mitgliedstaaten verabschiedet wurde. Die Antwort Italiens folgt jetzt in Form eines 3seitigen Papiers. Hinter diesem Papier von Scajola und Castelli steht unter anderem auch der zweijährige Kampf von Piero Luigi Vigna, Chef der seit 1991 existierenden Anti-Mafia-Superprocura (Procura = Staatsanwaltschaft). Wobei Vigna nicht eine zweite Superprocura für Antiterrorismus will, sondern den staatlichen Kampf gegen Terrorismus in "seine", bereits extistierende Anti-Mafia-Superprocura integrieren will.
Vigna kritisiert in seinem Papier, dass sich in Italien 164 lokale Procuras um Ruhm und Schlagzeilen streiten würden, anstatt Informationen auszutauschen. Dies während die kriminellen Organisationen weder lokal noch national organisiert seien. Mafiosi wie Terroristen würden sich nicht um lokale oder nationale Grenzen scheren. Während Vigna Anti-Terrorismus in seine Anti-Mafia-Super-Procura einbinden will, will Castelli lieber zwei Parallelstrukturen aufbauen. Vigna wiederum argumentiert, Mafia und Terrorismus seien zwei Gesichter ein und desselben Verbrechens. So seien die Mafia-Bosse, die für die Bombenattentate von Rom, Florenz und Milano im Jahre 1993 verurteilt wurden, nach Anti-Mafia und Antiterrorismus-Gesetzen verurteilt worden. Und Terroristen-Gruppen würden teilweise auch wie die Mafia vorgehen (Banküberfälle, Erpressung, Drogenhandel etc. zur Selbstfinanzierung). Und Mafia wie Terroristen seien gefährlich für die Demokratie. Im weiteren würden im Moment 5 Staatsanwaltschaften (Milano, Rom, Torino, Napoli, Bologna) wegen den italienischen Ablegern der fundamentalischen Islamgruppen nachforschen, dies aber ohne übergeordnete nationale oder internationale Koordination, was die Arbeit nicht gerade erleichtere. Und zum G8: Hätte im Italien im Vorfeld der G8-Demos mehr Informationen über den "Black Block" bekommen, wäre es wohl einfacher gewesen, Ausschreitungen im Keime zu ersticken. Doch für verschiedene Länder wie z.B. Deutschland sei der Datenschutz wichtiger gewesen als die internationale polizeiliche Zusammenarbeit. Eine nationale oder europäische Zentralstelle wäre wohl da eher bereit und fähig gewesen, diese Informationen an die italienische Polizei weiterzugeben. Nicht unbegründet ist wohl deshalb die Frage, ob es Zufall oder politisches Kalkül ist, dass die Anti-Mafia-Staatsanwältin Anna Canepa viele Black Block-Anklagen an sich gerissen hat.

[Zusammenfassung; Quelle: La Repubblicca 1.10.01]