2007-07-20 

Gipfelsoli Infogruppe: CDU-Politiker aus MV verhöhnen Betroffene von Polizeigewalt

[Gipfelsoli Infogruppe]

Pressemitteilung 20. Juli 2007

Sechs Jahre nach dem G8-Gipfel in Genua ist die Aufarbeitung polizeilicher Übergriffe immer noch nicht abgeschlossen. Vor 2 Wochen wurde der italienische Polizeichef De Gennaro wegen Anstiftung zur Falschaussage entlassen. Erstmals hatte ein Polizeiführer vor Gericht zum damaligen Überfall auf schlafende Demonstranten von einem “Gemetzel” gesprochen.
Dem Gericht wurden Telefonmitschnitte präsentiert. “All dieses Gesindel sollte umgebracht werden. Einer ist bereits gestorben, 1:0 für uns”, sagte etwa eine Polizistin in Anspielung auf den von einem Carabiniere getöteten 23jährigen Globalisierungsgegner Carlo Giuliani.

Die Ermittlungen gegen 78 weitere Polizeiführer werden von Politikern wie Polizeibehörden verschleppt. Anwälte der Polizei spekulieren auf eine Verjährung der Übergriffe. Dabei ist inzwischen gerichtsfest dass hohe Beamte Beweismittel gefälscht und Informationen gegenüber der Presse manipuliert hatten. Weitere Punkte der Anklage sind z.B. Körperverletzung und Misshandlung sowie die Attacke einer Demonstration, von der bis dahin nachweislich kein Angriff auf die Polizei ausging.

Indes mehrt sich die Kritik an der Einsatzleitung des diesjährigen G8 in Heiligendamm, “KAVALA”. Unter Führung von Knut Abramowski hatte die Polizeiorganisation die sogenannte “Sicherheitsarchitektur” koordiniert. Wie die Polizei in Genua hat auch “KAVALA” Falschmeldungen lanciert, um brutale Übergriffe oder Demonstrationsverbote zu rechtfertigen. Auf einem Hearing von polizeikritischen Organisationen Ende Juni wurden Dutzende dieser Vorfälle öffentlich gemacht.

Festnahme

Recherchen von Presseagenturen haben mehrere Falschmeldungen der Abteilung “Einsatzbegleitende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit” unter Leitung von Axel Falkenberg entlarvt. “KAVALA” verweigert dazu bisher jede Stellungnahme.

Der Polizeieinsatz zum G8 in Heiligendamm wird weiterhin die Gerichte beschäftigen. Mehrere Demonstranten haben Klagen gegen die Polizei eingereicht.
In einem Hauptverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zum Verbot des Sternmarschs wird die Informationspolitik von “KAVALA” untersucht. Deren Versammlungsbehörde hatte Verbotsverfügungen mit zuvor lancierten Meldungen begründet.

CDU-Politiker haben in einer Sitzung des Innenausschusses in Mecklenburg-Vorpommern vergangenen Freitag die Opfer polizeilicher Misshandlung verhöhnt. Vertreter des Republikanischen Anwaltsvereins (RAV) hatten heftige Vorwürfe gegen die G8-Einsatzleitung und Innenminister Caffier erhoben. Anwältin Verina Speckin kritisierte die “Missachtung der Gewaltenteilung sowie der Unabhängigkeit der Justiz”. Vor allem Abgeordnete der CDU versuchten die Sitzung durch Zwischenrufe zu torpedieren.

“Wir kennen das von der Aufarbeitung der Polizeigewalt in Genua”, erklärt Hanne Jobst von der Gipfelsoli Infogruppe. “Konservative Politiker geben der Polizei Rückendeckung. Zeugen werden eingeschüchtert, belastende Daten vernichtet, Medien und Öffentlichkeit getäuscht. Es gibt kein politisches Interesse an einer Rekonstruktion”.

Deutsche und italienische Polizeibehörden haben vor dem G8 in Heiligendamm intensiv zusammengearbeitet. Die italienische politische Abteilung “DIGOS” hat dem BKA Informationen über durchgeführte Mobilisierungs-Veranstaltungen zum G8 2007 in Italien übermittelt. Im Gegenzug erhielten italienische Behörden weitere Informationen über die betroffenen Deutschen.
Der Datenschutzbeauftragte des BKA in Wiesbaden bestätigt, dass das Ausmaß der Datenerhebung weit umfangreicher ist als auf Anfrage mitgeteilt wurde.

“Die informelle Arbeit der politischen Polizei in Europa ist ein Skandal. Die massive Repression und Vertuschung zeigt allerdings eines ganz deutlich: die globalisierungskritische Bewegung hat das Potenzial die kapitalistischen Verhältnisse in Frage zu stellen”, schließt Hanne Jobst von der Gipfelsoli Infogruppe.

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