2007-07-17 

OZ: Wortgefechte um Gipfel-Krawalle

Anwälte haben gestern vor dem Innenausschuss ihre Kritik am Umgang der Polizei mit G8-Demonstranten erneuert

Schwerin (OZ/dpa) Ursprünglich war eine Anhörung zu den Krawallen anlässlich des G8-Gipfels in Heiligendamm geplant – mit Vertretern des Verteidigungsministeriums und des Landesinnenministeriums. Doch daraus wurde vor dem Innenausschuss des Landtages gestern nichts. Die Ministerialen zogen es vor, durch Abwesenheit zu glänzen. Innenminister Lorenz Caffier (CDU) schob anderweitige Verpflichtungen vor. Berlin hatte auf die Einladung aus MV noch nicht einmal geantwortet.

Trotz parteienpolitischen Geplänkels ging es wenigstens zeitweise auch um Inhaltliches.

Gefangenenbus

Vertreter des Republikanischen Anwaltsvereins (RAV) sowie des Strafverteidigervereins erhoben heftige Vorwürfe gegen das Innenministerium und die G8-Einsatzleitung Kavala. Rechtsanwältin Verena Speckin vom Strafverteidigerverein MV sagte, die Polizei habe im Zuge der G8-Demonstrationen Anwälte massiv daran gehindert, Kontakt zu Mandanten in Gefangenensammelstellen (Gesas) aufzunehmen. Speckin sprach von einer “Missachtung der Gewaltenteilung sowie der Unabhängigkeit der Justiz”. Die Kavala habe das alleinige Hausrecht durchgesetzt, obwohl die Gesas den Justizbehörden, nicht aber der Polizei unterstellt gewesen seien.

Laut Anwalt Dietmar Sasse vom RA V waren die Zustände in den Zellen der Gesas “menschenunwürdig”. Gefangene hätten über Stunden gefesselt auf dem Boden in überfüllten Zellen verbringen müssen, ohne die Chance zu haben, einen Anwalt einzuschalten.

CDU-Fraktionschef Armin Jäger versuchte durch Zwischenrufe, die Aussagen der Anwaltsvereine anzuzweifeln und damit Innenminister Caffier aus der Schusslinie zu bringen. Jäger behielt sich zwischenzeitlich sogar vor, die Öffentlichkeit von der Sitzung ausschließen zu lassen. Er sagte, die “aufgeblasene Aufregung um den Einsatz der Polizei beim G8-Gipfel” erweise sich als “Seifenblase”. Jäger warf dem RAV vor, “wenige Einzelfälle” aufzubauschen.

FDP-Innenexperte Leonhard erklärte dagegen, die Anhörung habe gezeigt, dass es in den Gesas Verfahrensweisen gegeben habe, die zumindest “grenzwertig” gewesen seien. Das Innenministerium kündigte an, erst im Oktober einen weiteren Zwischenbericht zum G8-Gipfel vorzulegen.

Wie aus der Antwort auf die Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken hervorgeht, belaufen sich die Kosten der Bundeswehr im Rahmen der Amtshilfe für MV auf rund drei Millionen Euro. Gemäß einer Verwaltungsvereinbarung mit dem Land verzichte die Bundesregierung aber darauf, sich diese Summe erstatten zu lassen. Die besonders teuren Flüge mit Tornado-Jets werden demnach aus dem Jahresflugstundenprogramm der Luftwaffe beglichen. An den Aufklärungsflügen sollen laut Verteidigungsministerium 14 Flugzeuge beteiligt gewesen sein.

[14. Juli 2007]