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2009-02-17

Jetzt geht's richtig los

Internationale Aktionskonferenz gegen Nato-Gipfel tagte in Strasbourg

Protest in der Ukraine(so oder so) Etwa 400 Aktivist/innen aus zahlreichen europäischen Ländern trafen sich am Wochenende 14. und 15. Februar in Strasbourg zu einer internationalen Aktionskonferenz. Dieses Treffen diente der gemeinsamen Planung und Absprache der Aktivitäten gegen den NATO-Gipfel in Strasbourg und Baden-Baden Anfang April 2009. Zugleich läutete es die letzte Mobilisierungsphase ein: in sechs Wochen wird der 60-Jahre-Jubililäumsgipfel nicht ohne massiven Protest vonstatten gehen. Die Aktivist/innen und das von ihnen gebildete internationale Koordinierungs-Kommitee (ICC) kündigten für den Zeitraum vom 1. bis 5. April ein Protestcamp, einen Gegenkongress, mehrere Aktionstage und an den direkten Gipfeltagen 3. und 4. April Blockaden, Aktionen des zivilen Ungehorsams und eine internationale Großdemonstration an.

Bild: Plakat

(Siehe Artikel aus der DNA (Dernieres Nouvelles D´Alsace) vom 15.02.09 Der Gegengipfel formiert sich)

Gleichzeitig wurde bekannt, dass die Stadt Kehl auf deutscher Seite ein adäquates Gelände für ein Camp verweigert. Noch regider die bisherige Haltung des strasbourger Präfekten, der jegliche Demonstration in der Innenstadt und zum Nato-Versammlungsort in Strasbourg verbieten will. Gegen eine solche massive Einschränkung von Versammlungsfreiheit und demokratischen Grundrechten kündigte die Aktionskonferenz ihren Widerstand an. Auf jeden Fall will man in Strasbourg demonstrieren. Um das durchzusetzen, ruft das internationale Vorbereitungskomitee zu Protesten auf, z.B. vor Einrichtungen Frankreichs.

Bezüglich Mobilisierung war das internationale Treffen, das in den Räumen der Universität Strasbourg durchgeführt wurde, Zahlreiche Gruppen und Organisationen aus der Friedens-, Antikriegs- und globalisierungskritischen Bewegung nahmen teil. Ebenso aus dem gewerkschaftlichen Bereich und zahlreiche Organisationen der radikalen bis reformistischen Linken. Etwa 400 Leute aus mehreren Ländern diskutierten die geplanten zentralen Aktivitäten: Camp, Blockaden und Aktionen des zivilen Ungehorsam, Gegenkongress und Demonstration in Strasbourg, aber auch in Baden-Baden. Die Arbeitsgruppen waren trotz viel zu wenig Zeit das hervorzuhebende, während das Eröffnungsplena eher lahm war. Die Konferenz endete am Sonntag Nachmittag mit einer Pressekonferenz des ICC.

Zu den Camps: Die Stadt Kehl hatte es bisher abgelehnt ein nutzbares Gelände zur Verfügung zu stellen. In Aussicht stand nur ein unzureichender Acker außerhalb Kehls. Die Arbeitsgruppe Camp schlug deshalb der Aktionsferenz vor, auf ein Camp in Kehl zu verzichten – und ein gemeinsames internationales Protestcamp in Strasbourg zu favorisieren. Das Plenum entschied entsprechend. Angesichts des angekündigten Demoverbots in Strasbourg und einer immer wieder angesprochenen Grenzschließung, verdeutlich es, dass die Grenzen offen sein müssen. Den deutschen Behörden soll keine Gelegenheit gegeben werden, die dann auf deutscher Seite versammelten tausenden Protestierenden damit abzuspeisen, sie könnten ja im Camp protestieren. (Siehe auch die Erklärung des Resistance des deux rives Kein Camp in Kehl: Bewegung fokussiert Kräfte auf zentrales Camp in Strasbourg)
Das ICC ruft zu einer Öffnung der Grenzen während dem NATO-Gipfel auf, während die Behörden ein Aufheben des Schengener Abkommens für Anfang April ankündigen.

In Strasbourg haben die Behörden ein ca. 12 ha großes Gelände am südlichen Rand der Stadt in Aussicht gestellt. Der Vorschlag könnte nächste Woche offiziell angenommen werden, sollten die Behörden sich dazu verpflichten das Gelände “benutzbar” zu machen. Einige Flächen müssen planiert und miteinander verbunden werden. Auch die Fragen bezüglich Wasser und Strom müssen noch geklärt werden. Nach aktuellem Stand wird das Widerstandscamp im Stadtteil Neuhof, südlich der Strasbourger Agglomeration errichtet.
Das Plenum beschloss, dass das Camp natürlich als Teil und wichtige Struktur des Protestes, finanziell auch von der Gesamtmobilisierung unterstützt werden muss.

Gegenkongress: Der soll am Freitag, 03.04. beginnen, am Samstag pausieren, um am Sonntag fortgesetzt zu werden.
Die Stadt Strasbourg hat die Bereitschaft angekündigt, für den Kongress ein Gymnasium zur Verfügung zu stellen. Das liegt wie auch auch das Campgelände im Süden der Stadt – was ganz sicher kein Zufall ist. Die Proteste sollen aus der Stadt rausgehalten werden und nach Absicht der Behörden nicht in die Nähe des Nato-Gipfels kommen. Bedauerlicherweise war die Kongress-Vorbereitung und das ICC viel zu schnell bereit, dieses Angebot zu akzeptieren. Erst jetzt in der Mobilisierungsphase ergeben sich überhaupt erst Konstellationen, die durchaus citynähere Orte durchsetzbar machen, z.B. die Universität, in der die Aktionskonferenz tagte.

Jetzt schon ist das geplante Programm des Kongress mit mehreren dutzend Workshops und Veranstaltungen proppevoll. Streit gab es insbesondere unter den verschiedenen französischen Linksparteien über ihr jeweiliges – am besten proporzmäßiges – Standing.

Ein Problem ist, dass viele erst jetzt realisieren, dass für die gesamte Mobilisierung keine großartigen Geldtöpfe zur Verfügung stehen und die Kosten für Referent/innen von den Gruppen selbst organisiert werden müssen.

Internationale Demonstration: Nach der bishgerigen Weigerung der Präfektur und des französischen Innenministeriums eine Demonstration in der Innenstadt und zum Tagungsort der Nato zuzulassen, konnten naturgemäß auch keine Vereinbarungen mit den Behörden getroffen werden. Die Behörden lehnen eine Route durch das Strasbourger Stadtgebiet ab. Die einzige von der Präfektur genehmigte Route führt durch ein Hafengelände am Rande des Rheins. Das wurde von der Versammlung entschieden zurückgewiesen und jegliche Verhandlungen darüber abgelehnt. Aus diesem Grund wurde der bisherigen Verhandlungsgruppe aus Strasbourger Komitee und ICC eine internationale “Backup”-Gruppe beigeordnet, mit der alle Demofragen besprochen werden müssen.

Das Abschlussplenum der Aktionskonferenz betonte, dass es eine internationale Demonstration ist, die in jedem Fall in der Strasbourger Innenstadt durchgeführt wird. Um die Öffentlichkeit in de europäischen Ländern zu informieren und politischen Druck auf die franzöischen und Nato-Behörden herzustellen, wurde verabredet eine Kampagne für das Demonstrationsrecht und die Meinungsfreiheit zu starten. Die Abgeordneten der nationalen wie des Europaparlaments sollen mobilisiert werden, Postkartenaktionen an die Verantwortlichen in Paris, Bonn, Brüssel und Washington gestartet werden – und eben Aktionen vor z.B. französischen Konsulaten und Botschaften.
(Siehe auch: Wir werden Verbote nicht hinnehmen, Linke im Bundestag: Demonstrationsfreiheit beim NATO-Gipfel gewährleisten)

Antikapitalistischer Block auf der Demo: Während der Konferenz trafen sich auch zahlreiche Aktivist/innen unterschiedlicher Gruppen der radikalen Linken. Es wurde vereinbart, auf der Demonstration mit einem eigenen Block die Ablehnung von Kapitalismus und Militarismus unter dem Motto “Make NATO HIstory! Fight War – Fight Capitalism” deutlichen zumachen.

BLOCK NATO: Auf der Konferenz wurde deutlich gemacht, dass der Protest und Widerstand mehr Artikulationsformen hat als Kongress und Demonstration. So wie es schon in den Tagen vor dem Nato-Gipfel Aktionstage zu “Krieg und Krise” und gegen die “Europäische Sicherheitsarchitektur” gibt, werden auch am 3. und 4. April in Baden- Baden und Strasbourg weitere Aktionen auf den Straßen stattfinden.

Mit Blockaden und anderen Aktionen zivilen Ungehorsams sollen ab Samstag 04. April frühe Morgenstunden die Zufahrten des Gipfel-Austragungsort in Strasbourg dichtgemacht werden. Störungen des Gipfelablaufs sind gewünscht.
Da die Zeit in den Arbeitsgruppen auch für BLOCK NATO nicht reichte, verabredeten die Aktivist/innen sich Anfang März erneut in Strasbourg zu treffen. Dort soll dann auch ein öffentliches Blockadetraining stattfinden, um der strasbourger Bevölkerung diese Aktionsform näher zu bringen und zum Mitmachen zu motivieren.
Zu diesem Treffen wird es in Kürze eine internationale Einladung geben.

Baden-Baden: Da der Beginn des Nato-Gipfels in die mondäne Casinostadt gelegt wurde, finden dort auch die ersten Protestaktionen statt. Infopoints, Blockadeaktionen und eine Demonstration sind bereits angekündigt. Auch hier lädt die Arbeitsgruppe zu einem weiteren Vorbereitungstreffen Anfang März nach Karlsruhe ein.

Bisherige Choreografie des Widerstandes:

Mittwoch, 1. April
Camperöffnung in Strasbourg mit Festival
Aktionstag “Europäische Sicherheitsarchitektur”

Donnerstag, 2. April
Aktionstag “Krieg und Krise”

Freitag, 3. April
Demonstration, Blockade und Aktionen in Baden-Baden
Start des Gegenkongress “No to NATO” in Strasbourg

Samstag, 4. April
Blockaden und andere Aktionen zivilen Ungehorsam rund um den Nato-Tagungsort in Strasbourg
Friedenslok aus NRW und Ostermarsch in Kehl nach Strasbourg
Internationale Großdemonstration in Strasbourg

Sonntag, 5. April
Fortsertzung des Gegenkongress “No to NATO” in Strasbourg
Anti-Knast-Demonstration in Strasbourg

Links: Aktuelle Infos & weitere Termine
www.no-to.nato.org
www.natogipfel2009.blogsport.de
www.interventionistische-linke.de
www.gipfelsoli.org
www.libertad.de
www.linksunten.indymedia.org
www.block-nato.org
Informationsstelle Militarismus
Netzwerk Friedenskooperative
DFG-VK

Source: http://www.dazwischengehen.org/de/story/2009/02/jetzt-gehts-richtig-los