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2009-02-26

"Die Sicherheitsbehörden des Landes"

[...] Sicherheit stellt besondere Anforderungen an die Polizei

Die Sicherheit der Gipfelteilnehmer und der Bevölkerung in Kehl, Baden-Baden und entlang der Fahrtrouten vor allem wegen der terroristischen Gefährdungslage und möglicher Aktionen gewaltbereiter Störer stelle besondere Anforderungen an die Polizei. Derzeit werde von 15.000 bis 25.000 Demonstrationsteilnehmern ausgegangen, darunter circa 2.000 bis 3.000 gewaltbereiten Aktivisten. Angekündigt seien vielerlei Aktionen gegen den NATO-Gipfel, beispielsweise Massen-Blockaden, „Akte des zivilen Ungehorsams“, Widerstandcamps und ein internationaler Gegengipfel.

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Enge Zusammenarbeit von Polizei und Verfassungsschutz im Vorfeld

Innenminister Rech: „Die meisten Demonstrationsteilnehmer sind keine gewaltbereiten Störer. Daher ist die Differenzierung zwischen friedlichem Protest und gewaltbereiten Aktionen ein wesentliches Element unserer Einsatzstrategie. Wir werden friedliche Versammlungen ermöglichen und schützen.“ Bereits im Vorfeld des NATO-Gipfels habe das Regierungspräsidium Karlsruhe mit denjenigen, die Versammlungen anmelden würden und anderen Verantwortlichen, beispielsweise Organisatoren von Camps, Kooperations- oder Deeskalationsgespräche geführt. Komme es zu spannungsgeladenen Situationen, werde die Deeskalation im Vordergrund stehen. Wenn allerdings friedlicher Protest in Gewalt umschlage, werde die Polizei entschieden gegen die Verursacher vorgehen und Ausschreitungen verhindern. Deswegen werde schon seit geraumer Zeit durch präzise Recherchen alles daran gesetzt, um genauere Erkenntnisse zu gewinnen. Besonders Gewaltbereite und Gefährder aus dem extremistischen beziehungsweise terroristischen Bereich stünden im Blickpunkt. Polizei und Verfassungsschutz würden dabei intensiv zusammenarbeiten. Über das Landesamt für Verfassungsschutz sei auch der Austausch von Informationen zwischen Bund und Ländern und die Abstimmung mit ausländischen Nachrichtendiensten sichergestellt.

Polizei rechnet mit zahlreichen autonomen Nato-Gegnern aus der linken Szene

„Nach derzeitigem Stand müssen wir mit einer ansehnlichen Zahl von autonomen Nato-Gegnern aus der linken Szene rechnen. Deren Absichten sind alles andere als friedlich, das kann jeder im Internet nachlesen und sich ein eigenes Bild machen. Die Vorbereitungen für den Schutz und die Sicherheit der Staatsgäste und der Bevölkerung sind notwendig und verhältnismäßig. Unsere Polizei ist eine Bürger-Polizei und immer für die Bürger da“, betonte Innenminister Heribert Rech.

„Wenige Wochen vor dem Einsatz am 3. und 4. April gehen wir davon aus, dass wir in Spitzenzeiten bis zu 6.600 Polizisten aus Baden-Württemberg und rund 8.000 Polizeibeamte vom Bund und den anderen Ländern benötigen werden“, sagte Rech. Der tatsächliche Bedarf hänge jedoch immer von der jeweiligen Lage ab, so dass die Zahl auch niedriger sein könne.

Notfallmedizinische Versorgung und feuerwehrspezifischer Schutz als wichtigste Aufgaben

Das Regierungspräsidium Karlsruhe habe die Federführung für die Planungen im nichtpolizeilichen Bereich. Dort sei unter Beteiligung des Innenministeriums eine Kerngruppe Bevölkerungsschutz eingerichtet worden. Wichtigste Aufgabe des Bevölkerungsschutzes - besonders der Feuerwehren und der Rettungsdienste - sei es, die notfallmedizinische Versorgung und den feuerwehrspezifischen Schutz der Bevölkerung in Kehl, Baden-Baden und in den angrenzenden Landkreisen auf dem gewohnt guten Niveau sicherzustellen. In der Spitzenzeit seien zeitgleich circa 2.300 Helfer mit 570 Fahrzeugen eingeplant. Rech: „Wir müssen vor allem die notfallmedizinische Versorgung und Betreuung der Bevölkerung, der Delegationsmitglieder, aber auch von Polizeibeamten und Demonstrationsteilnehmern gewährleisten sowie den Brandschutz sicherstellen.“ Voraussichtlich werde auch auf Einheiten aus anderen Ländern zurückgegriffen. Zudem würden Ressourcen der Bundeswehr und des Technischen Hilfswerks benötigt.

Die Unterbringung und Versorgung aller Einsatzkräfte stelle eine immense logistische Herausforderung dar. Dafür sei eine sehr hohe Bettenkapazität reserviert worden.

Vorkehrungen für mögliche gewalttätige Auseinandersetzungen sind getroffen

Die Strategie bis zum NATO-Gipfel reiche von präventiv-polizeilichen Maßnahmen wie Gefährderansprachen, Meldeauflagen, Verbot von Aus- und Einreise bis hin zu gezielten Kontrollen auf den Anreisewegen. Komme es während des Gipfels dennoch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, seien auch dafür Vorkehrungen getroffen worden. Über 200 Kurzzeitgewahrsams-Plätze würden bereitgestellt. Darüber hinaus würden rund 60 Plätze für den Langzeitgewahrsam vorbereitet. Die Planungen richteten sich streng nach den gesetzlichen Vorgaben. Es sei zudem geplant, Menschenrechtsorganisationen vorab eine Besichtigung der eingerichteten Gefangenensammelstellen zu ermöglichen.

Enge Kooperation mit Frankreich

Die polizeilichen Vorbereitungen des Einsatzes beschränkten sich keineswegs allein auf Baden-Württemberg. Durch die Ausrichtung des Jubiläums als Doppelgipfel werde auf der Basis der langjährigen und bewährten Zusammenarbeit mit Frankreich - wo immer möglich - eng mit den französischen Partnern kooperiert. So seien beispielsweise gemeinsame Streifen auf dem Rhein mit deutsch-französischen Bootsbesatzungen ebenso vorgesehen wie deutsch-französische Gruppen beim Lotsen von Fahrzeugen der Delegationen.

Keine Duldung von rechtsfreien Räumen oder Widerstandscamps

Obwohl derzeit von den Aktivisten keine Camps auf deutscher Seite geplant seien, stehe man möglichen Camps für friedliche Demonstranten grundsätzlich nicht ablehnend gegenüber. Rech: „Wir halten aber weiterhin an unserer Linie fest: Die Camps dürfen nicht Vorbereitungs- oder Rückzugsräume für Straftäter werden, die dort die Anonymität der Masse nutzen. Wir dulden keine rechtsfreien Räume und keine Widerstandscamps für gewaltorientierte Störer, die sich von dort aus auf den Weg machen, um Polizisten anzugreifen.“

Terroristische Gefährdung darf nicht unterschätzt werden

Auch wenn derzeit keine Gefährdungshinweise für eine konkrete terroristische Bedrohung vorlägen, dürfe die abstrakte terroristische Gefährdung dieser symbolträchtigen Veranstaltung nicht unterschätzt werden. Innenminister Rech: „Ich nehme die Bedrohung aus islamistischen Kreisen sehr ernst. Die jüngst veröffentlichten Audiobotschaften mit konkreten Drohungen gegen die Bundesrepublik zeigen, dass Deutschland potenzielles Ziel islamistischer Gruppierungen ist.“ Daher habe die Polizei seine volle Rückendeckung, wenn diese hochsensibel alle notwendigen Sicherheitsmaßnahmen treffe. Deswegen gebe es für die Veranstaltungsorte Baden-Baden und Kehl zwangsläufig unterschiedliche Sicherheitszonen mit abgestuften polizeilichen Maßnahmen. Innenminister Heribert Rech: „Zu den Sicherheitszonen gibt es keine Alternative. Mir fehlt jedes Verständnis, wenn versucht wird, diese klare polizeiliche Strategie zu diskreditieren. Gemeinsam mit der Polizei des Landes trage ich Verantwortung für die Sicherheit der Gipfelteilnehmer, der Einsatzkräfte und der Bevölkerung.“

Flugverbot am Rhein

Innenminister Rech: „Wir werden die Sicherheit des Doppelgipfels, die Interessen der Bevölkerung sowie des örtlichen Gewerbes in ein für alle Beteiligten vernünftiges Gleichgewicht bringen.“ Dies gelte auch für die Abwehr möglicher terroristischer Gefahren aus der Luft und unberechtigte Flüge. Erforderlich sei die Einrichtung einer Flugbeschränkungszone um die Veranstaltungsorte Straßburg, Kehl und Baden-Baden sowie entlang des Rheingrabens. Gemeinsam mit den französischen Behörden, der Bundeswehr und dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung seien die Flugbeschränkungsgebiete einvernehmlich definiert und veröffentlicht worden. Die Flugbeschränkung gelte vom 1. April, 8.00 Uhr, bis 4. April, 24.00 Uhr. Von der Flugbeschränkung ausgenommen seien behördliche Flüge und Flüge mit Instrumentenflug von und zu den Flugplätzen Lahr, Karlsruhe/Baden-Baden und Straßburg.

Spiele der oberen Fußball-Ligen werden verlegt

„Da am Wochenende des NATO-Gipfels bundesweit ein normaler Spieltag in den oberen Fußball-Ligen geplant war und die Gefahr bestand, dass mehrere tausend Polizisten für den Einsatz beim NATO-Gipfel nicht zur Verfügung stehen, haben wir mit dem Deutschen Fußball-Bund sehr konstruktive Gespräche geführt. Dabei konnten wir erreichen, dass am 3. und 4. April in Baden-Württemberg keine Spiele der Bundesliga, der 2. Bundesliga, der 3. Liga und der Regionalliga Süd stattfinden. Darüber hinaus wurden auch Spiele in andere Bundesländer verlegt, die dort von den Innenministerien als besonders kräfteintensiv eingestuft worden waren. Wir gehen nun davon aus, diesen Einsatz mit allen landes- und bundesweit verfügbaren Kräften bestreiten zu können. Für dieses Verständnis bin ich dem DFB dankbar“, so der Minister.

Kosten des Einsatzes erst nach dem NATO-Gipfel bezifferbar

Die Kosten des Einsatzes hingen von verschiedenen Faktoren wie der Einsatz-, Gefährdungs- und Störerlage, der endgültigen Zahl der eingesetzten Kräfte, dem Einsatzzeitraum sowie den einsatzbedingten technischen Aufwendungen ab. Der Gesamtaufwand könne sich durch nicht vorhersehbare Ereignisse sowie Lageentwicklungen und eine Änderung der geplanten Abläufe ändern. Die genaue Höhe der anfallenden Kosten lasse sich deshalb erst nach dem NATO-Gipfel 2009 beziffern. Derzeit gehe man von rund 50 Millionen Euro aus, die für die Sicherheit des NATO-Gipfels vom Land Baden-Württemberg aufgebracht werden müssten. Nicht berücksichtigt seien dabei Kosten, die für Kräfte des Bundes anfielen. Innenminister Rech: „Wir sind im Kontakt mit dem Bund und gehen davon aus, dass er sich an den Kosten beteiligt. Der Bund sollte auch auf jegliche Kostenerstattung verzichten.“

Quelle: Innenministerium

Source: http://www.baden-wuerttemberg.de/de/Meldungen/203064.html