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2008-10-27

DHL - olivgrün unter postgelbem Tarnanstrich

In diesem Text wird eine Idee für die aktionsbezogene Mobilisierung im Vorfeld der NATO-Feierlichkeiten Anfang April 2009 in Strasbourg und Baden-Baden vorgestellt. Es geht darum, den Postdienstleister und Kriegslogistiker DHL ins Visier zu nehmen. Die Idee wurde auf dem gestrigen "langen Tag des Antimilitarismus" in Berlin diskutiert.

Bild: DHL und Bundeswehr

Der lange Tag des Antimilitarismus

Am Sonntag, 26. Oktober fand ab 12 Uhr mittags der lange Tag des Antimilitarismus statt. Libertad!, die Antifaschistische Linke Berlin und der Buchladen Schwarze Risse luden zu Lesungen, Gesprächen, Vorträgen, Filmen und Ausstellungen in den Westberliner Mehringhof. In den zahlreichen Veranstaltungen ging es um verschiedene Aspekte, die das Themenfeld Antimilitarismus berühren. Teile der Diskussionen waren von der Frage bestimmt, warum Antimilitarismus in der Linken eher schwach ausgeprägt ist und welche Formen antimilitaristischer Arbeit sich heute anbieten.

Auf der abendlichen Abschlussveranstaltung sprachen Vertreter von Libertad!, von der angolanischen antimilitaristischen Menschenrechtinitiative (IAADH), von den internationalen Ärzten für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) und von der Initiative Bundeswehr wegtreten! Sie haben einige zentrale Punkte des Tages aufgegriffen, beispielsweise die auch in Teilen der Linken und der Friedensbewegung strittige Frage um UN-mandatierte Kriegseinsätze und sogenannte humanitäre Interventionen. Trotz ihrer unterschiedlichen Erfahrungen und ihren verschiedenen politischen Herangehensweisen waren sich die Podiumsteilnehmer im Ergebnis - die Ablehnung dieser Einsätze ebenso wie zivil-militärische Kooperationen - einig.

Weitgehend bestand auch Konsens darin, dass eine Vernetzung antimilitaristischer Initiativen und Bewegungen sinnvoll sei, wozu dieser Tag mit seinen zahlreichen Veranstaltungen ein guter Beitrag war. Lediglich in der Frage, inwieweit man parlamentarische Kräfte einbinden oder nutzen soll bzw. kann, entspannte sich eine Kontroverse, vor allem mit den Gästen im Raum. Die Anwesenden befürworteten ausdrücklich die Mobilisierung gegen die Feiern zum 60-jährigen Bestehen der NATO im April 2009 und riefen zur Teilnahme auf.

DHL - Deutsche Heeres Logistik

Neben politischer Arbeit für Kriegsdienstverweigerung mit Wehrpflichtigen und Soldaten, oder konkreten Initiativen gegen Militärgerät und Rüstungsbetriebe wurde auch die Idee stark gemacht, am Beispiel des zivil-militärischen Unternehmens DHL die Kritik an der NATO und an der neuen NATO-Doktrin (mit ihrem Kernstück "comprehensive approach" = "umfassender Ansatz") praktisch werden zu lassen. Die Deutsche Post-Tochter DHL entpuppt sich nämlich als "Deutsche Heeres Logistik" und bietet sich deswegen für eine aktionsbezogene Mobilisierung im Vorfeld der NATO-Feierlichkeiten an.

Diese Idee reiht sich ein neben Vorschläge, Aktionstage gegen Rüstungsbetriebe und die Commerzbank durchzuführen (weil diese Bank im Bereich der Wirtschaft mit an vorderster Front im Bereich der Akzeptanzbeschaffung für die Bundeswehr steht). Ebenso wie die Commerzbank gibt es DHL, Postämter und Postbriefkästen in fast jeder Stadt. Diese Orte bieten sich somit für lokale Aktivitäten zur NO-NATO-Mobilisierung und darüber hinaus an. So ergeben sich vielfältige Möglichkeiten, die militärische Unterstützungsarbeit von vornehmlich zivilen Dienstleistern mit hohem Verbreitungsgrad und der hohen Abhängigkeit von ihrer Reputation beim Endkunden öffentlichkeitswirksam anzugehen.

Zivil-militärische public private partnership

Es ist der bislang größte Auftrag der deutschen Transportbranche und es ist das umfangreichste Privatisierungs- und Umstrukturierungsprojekt der Bundeswehr. Die Bundeswehr wird große Teile ihrer Basislogistik im Rahmen einer Public Private Partnership an ein ziviles Unternehmen abtreten. Konkret geht es um die Lagerung und Bewirtschaftung von Bundeswehr-Material (ohne Sanitätsmaterial, Munition und Treibstoffe) und den weltweiten Transport von Kriegsgerät, Soldaten, Munition, Treibstoffen. Somit sucht die Bundeswehr einen Logistik-Partner, der die schnelle Einsatzfähigkeit der Truppen sicherstellen und somit zum aktiven Kriegsmittreiber werden soll.

Beworben haben sich die hundertprozentige Post-Tochter DHL, die Deutsche Bahn mit ihrem Transportunternehmen Schenker, die Dienstleistungsfirma Arvato aus der Bertelsmann-Gruppe sowie ein mittelständisches Konsortium aus der Bremer Firma Hellmann Logistics, dem Flugzeug- und Rüstungskonzern EADS sowie der Beraterfirma Accenture. Ausländische Logistikfirmen haben aus Gründen der nationalen Sicherheit keine Chance. Die Bewerbungsfrist endete am 8. September 2008. Mit einer Entscheidung des Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (dem Bundesministerium für Verteidigung unterstellt) wird im Frühjahr 2009 gerechnet.

Die eindeutig größten Chancen für diesen Milliarden-Auftrag werden der DHL zugesprochen, nicht zuletzt wegen der umfangreichen bisherigen Zusammenarbeit mit der Bundeswehr und der logistischen Expertise die das Unternehmen in aktiver Kriegsbeteiligung an der Seite der US-Streitkräfte seit 2003 im Irakkrieg gesammelt hat.

Olivgrüne Fracht - nichts neues für die Deutsche Post

Die Deutsche Post hat schon 2002 mit der Bundeswehr einen Rahmenvertrag geschlossen, demzufolge sie national und international denVersand von eiligen militärischen Dokumenten, sowie militärischer Ausrüstung und Verbrauchsgüter bis 50 kg übernimmt.

Zu Beginn des Jahres 2002 wurde die Deutsche Post World Net Hauptaktionär von DHL. Gegen Ende desselben Jahres stand DHL im 100%igen Eigentum der Deutsche Post World Net. Seit 2003 wird das gesamte Fracht- und Express-Geschäft der Deutschen Post unter dem Dachnamen DHL betrieben. DHL ist weltweiter Marktführer für internationalen Expressversand und Überlandtransport sowie die internationale Luft- und Seefrachtbeförderung und hatte unmittelbar nach Aufhebung der UN-Wirtschaftssanktionen gegen den Irak im Mai 2003 dort als erstes Unternehmen Logistikdienstleistungen angeboten. Hauptkunde im Irak ist das US-Militär wodurch DHL vom reinen Profiteur des Irakkrieges zum unmittelbaren Kriegs- und Besatzungshelfer avancierte. Die Deutsche Post AG als Konzernmutter der DHL ist um Diskretion bemüht und versucht die Fracht gegenüber der Öffentlichkeit auf Post für die US-Soldaten herunterzureden. Hierzu gab es eine Auseinandersetzung auf der Aktionärsversammlung der Deutschen Post AG im April diesen Jahres. Dem Vorstandsvorsitzenden Frank Appel wurde von kritischen Aktionären vorgeworfen, die Mitwirkung des Konzerns im Irakkrieg zu verschleiern. Transportiert werden neben der Feldpost verschiedenste Güter, die vom US-Militär und von unter Vertrag stehenden Unternehmen gebraucht werden. Wegen der schwierigen Sicherheitslage greift die DHL auf gepanzerte, unmarkierte Fahrzeuge zurück. An wenigen, sicheren Orten liefert sie im gelben DHL-Fahrzeug aus. Koordiniert werden die Logistik-Geschäfte von Paul Gillett, einem Ex-Militär. Vom Söldner zum Kriegslogistiker- so wie er haben die meisten der „ausländischen Experten” des irakischen DHL-Teams einen militärischen Hintergrund. Ehemalige britische Soldaten wurden für die Absicherung der Transporte angeheuert.

Zivil-militärische Akzeptanzbeschaffung

Im Kontext der derzeitigen Flaute an Bundeswehr-Nachwuchskriegern und der schlechten Öffentlichkeit aufgrund von drei erschossenen Zivilisten an einem Bundeswehr-Checkpoint in Afghanistan schickte sich die Deutsche Post Ende August an, eine PR-Offensive für die Bundeswehr zu starten. Mit 8000 großformatigen Post-Plakaten, auf denen sich ein Afghanistan-Kämpfer des deutschen Expeditionskorps mit Hilfe der Feldpost seiner Heimat so nahe fühlen darf, will die Deutsche Post die "Akzeptanz der Bundeswehr in der Öffentlichkeit" verbessern. Udo Eschenbach, "Konzernrepräsentant Military Affairs Bundeswehr/NATO" bei der Deutschen Post sagt Über das Plakat: "Es soll den Soldatenberuf in der Gesellschaft präsent machen".

Gelbe Militarisierung - in Leipzig weit fortgeschritten

Mit der Errichtung eines "technischen Stützpunktes" für militärische Großraumtransporter wurde der militärische Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle fortgesetzt. Der Subventionsflughafen (Steuerzuschüsse: Über 300 Millionen Euro) war als zivil deklariert worden und wurde zeitgleich für den Kriegsnachschub der Bundeswehr und ihrer NATO-Partner auserkoren. Vor allem seit das Bundesverwaltungsgericht die Militärtransporte auf dem Flughafen Leipzig/Halle für rechtmäßig erklärt hat, wurde eine eklatante Zunahme amerikanischer Truppentransporte beobachtet. Leipzig ist zu einer wichtigen Zwischenstation amerikanischer Militärflüge in den Irak und nach Afghanistan und wieder zurück geworden. Auch die Bundeswehr nutzt den Flughafen als Zwischenstation für Soldatenflüge in die ausländischen Einsatzgebiete. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums fliegen von hier aus regelmäßig die beiden auf dem Airport stationierten Antonov-Großraummaschinen. Transportiert würden Großgeräte wie Lastwagen und Hubschrauber, aber auch Verpflegung, Trinkwasser und Zelte, sagt ein Sprecher. Und "selbstverständlich" auch Waffen. Der militärische Ausbau ist eng mit der DHL verknüpft, die über die DHL Hub Leipzig GmbH seit Anfang 2008 am Flughafen Leipzig/Halle eins ihrer weltweit drei Luftfahrt-Drehkreuze betreibt.

Die fortschreitende Militarisierung im Zivilen anzugreifen scheint ein lohnenswerter "comprehensive approach" für eine antimilitaristische Gegenstrategie.

Source: http://de.indymedia.org/2008/10/230574.shtml