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2008-04-22

Keine Gefahr vom Schwarzen Block

Deutsche und japanische Ermittlungsbehörden bereiten sich auf den G8-Gipfel in Japan vor

Die japanische Politszene ist zur Zeit sehr beschäftigt. In nicht mehr
ganz drei Monaten treffen sich vom 7. bis zum 9. Juli 2008 auf der
Halbinsel Hokkaido die Politiker der acht führenden Nationen zu ihrem
diesjährigen G8-Treffen (1). Wie vor einem Jahr in Deutschland
bereiten sich die unterschiedlichsten politischen Strömungen auf den
Gipfel vor. Japanische Nichtregierungsorganisationen (2) planen einen
Gegengipfel mit internationaler Beteiligung. Auch politische
Gruppierungen (3), die mehr auf Proteste statt als Lobbyismus setzen,
haben ihre internationale Kontakte intensiviert.

Schon seit Wochen bereisen japanische G8-Kritiker europäische Länder,
informieren über die geplanten Aktivitäten (4) und suchen den
Austausch mit Gleichgesinnten. Mancher G8-Kritiker plant auch einen
Besuch in Japan. Doch das könnte schwieriger als erwartet werden.

Bild: Film

Die Bundestagsabgeordnete der Linken Ulla Jelpke wirft der
Bundesregierung in einer Pressemitteilung (5) vor, gemeinsam mit Japan
gegen Globalisierungskritiker vorgehen zu wollen. Grundlage ihrer
Kritik ist die Antwort (6) auf eine Kleine Anfrage (7) von Jelpke und
weitere Politiker der Linksfraktion. Die Bundestagsabgeordneten fragten
nach dem Gegenstand der Beratungen zwischen dem Bundeskriminalamt und
den Vertretern der politischen Polizei Japans im August 2007. Sie
wollten wissen, ob konkrete Erfahrungen mit G8-Kritikern in
Heiligendamm ausgetauscht worden sind.

In dieser Hinsicht blieben die Antworten eher vage: “In Bezug auf den
G8-Gipfel in Japan wurde der japanischen Seite mitgeteilt, dass es zur
Zeit keine Erkenntnisse darüber gibt, dass von Seiten des
sogenannten Schwarzen Blocks oder von anderen in Deutschland bekannten
Gruppierungen keine Gefährdung für den G8-Gipfel in Japan ausgeht”,
heißt es beispielsweise in der Antwort.

Nun mögen solche Erkenntnisse eher zum Schmunzeln und zu der Frage
anregen, ob es für diese Erkenntnisse hochoffiziell Treffen der
Sicherheitsbehörden bedarf. Doch es blieb nicht dabei. Die
Bundesregierung bestätigte, dass die japanischen Behörden an
Erfahrungen in Deutschland mit Demonstrationsverboten, weiträumigen
Umzäunungen etc. interessiert sind und dass die Bundesregierung solche
Informationen zur Verfügung stellen wird. Auf die Frage, ob bei diesen
Kontakten auch Informationen über die Entwicklung der
globalisierungskritischen Bewegung ausgetauscht wurden, bestätigte die
Bundesregierung, dass “im Rahmen der datenrechtlichen Möglichkeiten
jede Information übermittelt wird, die für die Einschätzung der
Gefahrenlage in Japan erforderlich erscheint”.

Konkretisiert wurde diese Kooperation in der Antwort zur Frage 8: Schon
im September 2007 habe es Gespräche zwischen dem BKA, der japanischen
Polizei und dem japanischen Botschaftssekretär gegeben. Dabei sei die
Übermittlung erforderlicher Informationen im Rahmen des BKA-Gesetzes
zugesagt worden. Anhand eines Fragenkatalogs der japanischen Polizei
habe es Informationen über verschiedene globalisierungskritische
Organisationen gegeben. Dabei sei eine Differenzierung in als
extremistisch und nicht extremistisch eingeschätzte Organisationen
vorgenommen worden. Auf die Frage, ob die Übermittlung von
Informationen aus Datenbanken deutscher Sicherheitsbehörden an
japanische Stellen beabsichtigt sei, wurde erklärt, dass eine solche
Datenübermittlung beabsichtigt ist, wenn Erkenntnisse vorliegen, dass
es “zu einer möglichen Beteiligung potentiell gewaltbereiter deutscher
Störer bei den Protesten gegen den G8-Gipfel 2008 in Japan” kommt.
Allerdings könne man keine pauschalen Angaben machen, aus welchen
Dateien diese Informationen kommen.

Es ist allerdings mittlerweile gerichtsbekannt, dass in verschiedenen
Dateien auch Personen als gewaltbereite Störer aufgeführt sind, die nie
angeklagt oder verurteilt worden waren. Auch ein japanischer
Staatsbürger wurde in deutschen Dateien im Zusammenhang mit den
G8-Protesten registriert. Die Daten dieser Person sei den japanischen
Behörden über Verbindungsbeamte mitgeteilt worden, die während des
G8-Gipfels mit dem BKA kooperierten.

Auch über die Unterstützungsleistung der Bundeswehr bei der Überwachung
des G8-Gipfels in Heiligendamm bekamen die japanischen Behörden
zweiseitige Zusammenfassung. In zwei Gesprächen mit Vertretern des
japanischen Militärs im deutschen Verteidigungsministerium sei der
Erfahrungsaustausch fortgesetzt worden. Während des G8-Gipfels in Japan
wird sich Auskunft der Bundesregierung ein Verbindungsbeamter der
Abteilung Staatsschutz des BKA in Japan aufhalten. Allerdings sei die
Personalplanung in diesem Zusammenhang noch nicht abgeschlossen.

Erste Zurückweisung schon erfolgt

Interessant wäre zu erfahren, ob die Einreiseverweigerung der
japanischen Behörden für den Berliner Historiker Martin Krämer (8)
schon ein Ergebnis der deutsch-japanischen Kooperation war. Er wollte
sich Anfang März auf Einladung einer globalisierungskritischen
Organisation an der Koordinierung der Proteste in Japan beteiligten.

Für japanische G8-Kritiker ist die enge Zusammenarbeit zwischen den
deutschen und japanischen Sicherheitsbehörden keine Überraschung. Sie
haben schon im letzten Jahr die Aktionen der deutschen Polizei im
Zusammenhang mit den Protesten der Globalisierungskritiker nicht nur
sehr genau beobachtet. Sei organisierten sogar eine
Solidaritätskundgebung vor der deutschen Botschaft in Tokio, um gegen
die Einschränkung des Demonstrationsrechts und Festnahmen während der
Gipfelaktionen zu protestieren.

Peter Nowak 22.04.2008

LINKS

(1) http://www.mofa.go.jp/policy/economy/summit/2008/index.html

(2) http://www.g8ngoforum.org/

(3) http://www.jca.apc.org/alt-g8/

(4)
http://www.taz.de/1/politik/asien/artikel/1/polizei-in-japan-agiert-subt
iler/?src=SE&cHash=300d18a68e

(5) http://www.ulla-jelpke.de/news_detail.php?newsid=837

(6) http://www.ulla-jelpke.de/uploads2/vorab_G8_Japan_BKAKA_16_8685.pdf

(7) http://www.ulla-jelpke.de/uploads/1608685_G8_Japan.pdf

(8)
http://gipfelsoli.org/Presse/Hokkaido_2008/Hokkaido_2008_deutsch/4851.ht
ml

[www.heise.de/tp/r4/artikel/27/27776/1.html]

Source: www.heise.de