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2007-06-04

Polizei verantwortlich für Eskalation

Die aktuelle Presseerklärung von gipfelsoli.org sowie das verlinkte Video deckt sich weitgehend mit dem, was ich selber erlebt habe. Samstag war ich zusammen mit ca. 80.000 Menschen in Rostock um gegen den nahenden G8-Gipfel in Heiligendamm zu demonstrieren. Während die Polizei behauptet, auf Angriffe reagiert zu haben, wird in dem Video deutlich, dass den Auseinandersetzungen eine brutale Festnahme und ständige Provokationen vorangingen. Eine Gegenaufklärung ist dringend nötig, damit die Inhalte der Proteste nicht noch weiter ausgeblendet werden können.
Mit Razzien, durch unzählige Provokationen und Schikanen wurde seit Monaten von staatlicher Seite die Stimmung systematisch aufgeheizt. Während unsere Anreise per attac Zug ohne Komplikation verlief, begannen am Platz der Freundschaft erste Provokationen durch Behinderung der Pressearbeit durch die Polizei, die die Eisenbahnbrücke mit der Begründung, die sei “Privatgelände” räumen wollte.

Dabei wurden einige Presseleute auch mit körperlicher Gewalt von der Brücke gedrängt. (Bild 2)

Die Proteste der Pressefotografen und der zu diesem Zeitpunkt an der Brücke eingetroffenen Demonstration zeigten dann Erfolg. (Bild 3)

Die Polizei war während der Demonstrationen ständig zu sehen, vor allem der ständig im Tiefflug über der Demonstation schwebende Hubschrauber nervte gewaltig und übertönte über weite Teile des Zuges die Demonstrationsparolen und -reden. (Bild 4)

Als die beiden kilometerlangen Demonstrationszüge am Rostocker Hafen ankamen, verstärkten sich die Provokationen durch die Polizei. Um mir einen Überblick über das riesige Gelände, das ca. 60.000 Menschen Platz bietet zu verschaffen, bin ich auf eine Anhöhe gegangen, die in einiger Entfernung zum Ort des Geschehens lag. Von dort aus konnte ich verfolgen, wie die Polizei offenbar versuchte, den “schwarzen Block” durch Angriffe auf deren Truck zur Gegenwehr und Angriffen zu veranlassen. (Bild 5)

Als dies nicht zum Erfolg führte, wurden gezielt Polizeikräfte durch die Menschenmenge und durch die Demonstrationen geführt. (Bild 6)

Dabei kam es nach Augenzeugenberichten zu Handgreiflichkeiten durch die Polizei. Das löste dann auch Steinwürfe einzelner Personen aus, zu deren Identität und Herkunft sich aus der Entfernung natürlich nichts sagen lässt. Es können genauso gut Provokateure bei den Steinewerfern dabei gewesen sein. (Bild 7)

Die unzähligen Aktionen der Polizei zogen sich über Stunden bis zum Abend hin. Wenn man vor der Bühne stand, bekam man nicht mit, was am anderen Ende des Platzes passierte. Das Konzert wurde zwar zweimal unterbrochen, um die Menge auf die Polizeirepressionen hinzuweisen, es wäre meiner Ansicht nach richtig gewesen, das Konzert abzubrechen, bzw. so lange zu unterbrechen, bis die gesamte Menschenmenge auf dem Platz auf die Polizeiaktionen aufmerksam geworden ist und dagegen protestieren kann. So waren die unmittelbar vor Ort beteiligten Demonstranten den Angriffen der Polizei ausgeliefert und nur eine unzureichende Koordination des Widerstandes möglich. Warum das so behandelt wurde, wird für mich in den folgenden Aussagen deutlich: »Wir wollen euch nicht sehen!«, erklärte ATTAC-Sprecher Peter Wahl am Sonntag im Fernsehsender nt-v in Richtung Autonome. Bei dem »schwarzen Block« handele es sich »um eine Gruppe von Personen, die mit der Absicht, Krawall zu machen, angereist ist.« Woher er diese Einschätzung nimmt, kann er nur selber wissen. Ob er will oder nicht, liefert er mit dieser Aussage jedoch eine Steilvorlage zur Spaltung der breiten Bewegung. Siehe auch die attac Presseerklärung:
http://www.attac.de/service/newsletter/public/archive.php?id=55

Nachdem im schon Zug kaum an Schlaf zu denken war, bin ich in die Rostocker Innenstadt um ein wenig auszuruhen und etwas zu Essen. Leider war Burger King schon zu, da hätte mit das Essen aber auch nicht geschmeckt, also sind wir weiter bis wir etwas geeignetes fanden. (Bild 9)

In der Innenstadt das selbe Bild, überall Polizei, Karstadt hatte die Fenster vernagelt. (Bild 10)

Wir dann lieber wieder an den Hafen gegangen. Dort hatte sich inzwischen die Auseinandersetzung verschärft, die Polizei hatte Wasserwerfer und Panzerwagen aufgefahren. (Bild 11)

Auf dem Platz am Hafen habe ich zu diesem Zeitpunkt keinen “schwarzen Block” mehr gesehen, sondern nur eine Masse von Demonstanten, die versuchten, dem Konzert zuzuhören, etwas an den zahlreichen Essens- oder Getränkeständen zu bekommen. Das war jedoch ab dem mittleren Bereich des Platzes kaum mehr möglich, da ständig die BFE – Einheiten und andere Polizeikräfte aus meiner Sicht ohne Grund in die Menschenmenge eindrangen. (Bild 17)

Wer von den Festgenommenen Widerstand leistete, wurde auch von der zahlreich vertretenen Zivilpolizei mit Reizgas fertig gemacht. http://media.de.indymedia.org/images/2007/06/180287.jpg

Als es für einige Beamte zu eng wurde, kam es wiederholt zum Wasserwerfereinsatz, bei dem ich mich – unfreiwillig – auch mit einer vollen Ladung erfrischen konnte. (Bild 14)

Kurze Zeit später stiegen mir die Tränen in die Augen. Vor lauter Tränengas, mit dem die Menge auf dem Platz wiederholt bei Einsätzen beglückt wurde. (Bild 15)

In der Nähe des Platzes waren zahlreiche Anwohner auf der Straße, und forderten die Polizei auf, die Provokationen zu unterlassen. (Bild 16) Leider hatte dieser Protest kaum Einfluss.

Im Verlauf des Abends sind wir dann ins Camp gegangen, um auszuruhen und uns für die Rückfahrt am nächsten Morgen vorzubereiten. Auf dem Weg dort hin trafen wir auf weitere Wasserwerfer und sahen 7 Transporthubschrauber über dem Camp fliegen.

Das Camp am Grenzschlachthof im Rostocker Hafen selbst ist eine Ansammlung von Barrios mit hunderten von Zelten, Infoständen und einem großen Zirkuszelt.

Da nicht klar war, ob das Camp von der Polizei abgeriegelt wird, sind wir später wieder in die Innenstadt gegangen, in der Hoffnung, eine Kneipe zu finden, die noch auf hat. Die Innenstadt war jedoch bis auf die zahlreiche Polizei und umherziehende Demoteilnehmer praktisch entvölkert, die bürgerlichen Medien hatten in ihrer Berichterstattung ganze Arbeit geleistet, wer von den Rostockern sich nicht lieber selber ein Bild vor Ort machte, blieb wohl lieber zuhause.

Für den heutigen Montag sind mehrere dezentrale Protestaktionen sowie eine »Demonstration für globale Bewegungsfreiheit« vorgesehen. Am Dienstag ist eine Palästinaveranstaltung geplant, außerdem stellt sich die Linksfraktion des Bundestages in Bad Doberan der öffentlichen Diskussion. In den Camps finden abends Kulturveranstaltungen statt. Mittwoch und Donnerstag finden die Blockaden der Zufahrten nach Heiligendamm statt. An diesen Tagen findet auch der alternative Gegengipfel statt.

http://www.trueten.de/archives/2315-Polizeiprovokationen-verantwortlich-fuer-Eskalationen-in-Rostock.html

[http://de.indymedia.org/2007/06/181018.shtml]