Home » Heiligendamm 2007 » G8 2007 deutsch » G8 2007 Repression » J2 Rostock  

 Recent

Watch also...



print
2007-06-04

Polizeiprovokationen in Rostock

Um der Hetzpropagande über die Auftaktkundgebung in den regierungstreuen Medien zu begegnen sollte eine zentrale Dokumentationsstelle errichtet werden.

Als Teilnehmer an der Demonstration und Kundgebung in Rostock am 2.6. können wir das in der Mehrzahl der Medien gezeichnete Bild in keiner Weise bestätigen.

1) Wir waren beim Demozug, der aus Richtung Hamburgerr Straße kam, ziemlich an der Spitze. Als wir den Stadthafen erreichten, haben wir beobachtet, wie die vor einem Bauzaun postierten Polizisten (ca. 10-20) wie auf Kommando anfingen sich in großer Gelassenheit die Helme aufzusetzen, Handschuhe anzuziehen, sich also einsatzfertig zu machen. Bis dahin hat es keinerlei Zwischenfälle gegeben. Die Blicke der Polizisten verhießen nichts Gutes, sie transportierten eine sehr aggressive Stimmung. Wir haben uns deshalb von dieser Polizeikette in Richtung Kundgebungsbühne etwas entfernt. Von dort konnten wir beobachten, dass die Polizisten sich in Richtung Demospitze in Bewegung setzten. Ungefähr zeitgleich stürmten mehrere Polizeieinheiten aus Richtung Innenstadt in die Demonstration, die vom Bahnhof gekommen war. Es gab einen Knall, wahrscheinlich von einer Tränengasgranate. Und dann ging alles sehr schnell. Immer mehr Polizeieinheiten kamen aus Richtung Innenstadt. Die Schlusskundgebung hatte bereits begonnen. Es dauerte aber ca. 10 bis 15 Minuten, bis ein Mitglied der Demoleitung ans Mikrofon ging und die Polizei aufforderte die provokanten Einsätze zu unterlassen und sich zurückzuziehen, was aber nicht geschah. Im Gegenteil: Die Polizei terrorisierte nun die Kundgebungsteilnehmer zusätzlich mit ihren tief fliegenden Hubschraubern, so dass die Veranstaltung mehrfach unterbrochen werden musste.
In dieser Phase forderte ein Sprecher der Demoleitung immer wieder sowohl Demonstranten als auch die Polizei dazu auf, die Scharmützel einzustellen, die Hubschrauber abzuziehen und er war wohl kurz davor, die Veranstaltung abzubrechen. Dann entspannte sich die Situation.

2) Als es ruhiger wurde haben wir den Kundgebungsplatz am Hafen verlassen und sind in Richtung Fußgängerzone gegangen.
Was wir auf dem Weg dahin sahen war ein einziges Polizeilager. Überall standen Einsatzfahrzeuge.
Von einem Cafe am Universitätsplatz konnten wir beobachten wie sich eine weitere bedrohliche Situation zu entwickeln begann..
Eine Gruppe von vielleicht 20 bis 30 schwarz gekleideter Demonstranten kam auf den Platz, gefolgt von Polizeikräften. Ein Teil dieser Demonstranten blieb auf dem Platz, einige zogen in Richtung Rathaus weiter. Dann sahen wir 3 oder 4 ebenfalls schwarz gekleidete Typen, die sich aber vom üblichen Bild von “Autonomen” stark unterschieden: Sie waren auffallend groß, vollkommen gleich gekleidet (dünne Nylonanoraks, gleiche Hosen und waren vermummt). Unter der dünnen Oberbekleidung konnte man Körperschutzteile erkennen. Und noch etwas war auffällig: gegen die Richtung der anderen verließen sie den Platz, voll vermummt Richtung Westen, genau in die Richtung von Polizeikräften, die gerade anrückten. Wo sie geblieben sind konnten wir nicht beobachten. In der Folge kamen mehrere Polizeieinheiten auf den Universitätsplatz, verhielten sich aber ruhig. Das lag wohl auch daran, dass inzwischen immer mehr Demonstranten in die Innenstadt strömten. Es hatte den Anschein, als ob auch hier eine Provokation durch Polizeispitzel geplant war, aber wegen der vielen unbeteiligten Leute dann unterlassen wurde.

3) Als wir später wieder Richtung Kundgebungsplatz gegangen sind sahen wir Qualm. Polizeikräfte waren an den Rändern zur Altstadt postiert. Auf dem Kundgebungsplatz wurde es sehr unangenehm, als wir uns plötzlich inmitten von umherziehenden Polizeitrupps wiederfanden, die auch Verhaftungen vornahmen. Um uns in Sicherheit zu bringen gingen wir in Richtung Bühne.
Dort war die Lage groteskerweise völlig anders. Ruhig und entspannt. Wir konnten dann noch erkennen, wie zumindest zwei Wasserwerfer auf den Platz kamen, die Provokation der Polizei war also noch immer nicht vorbei.
Was wir auch sehen konnten war, dass ein Wasserwerfer direkt vor einem brennenden Fahrzeug stand. Aber weder der Wasserwerfer noch Feuerwehr (die nicht zu sehen war) machten Anstalten zu löschen. Offenbar hatten noch nicht alle Journalisten ihre Fotos gemacht, die sie ja brauchten.

Es wäre den Veranstaltern hoch anzurechnen, wenn sie im Hinblick auf die zunehmende Hetzpropaganda der Politiker und ihrer Medien die Vorfälle am Kundgebungsplatz genauer recherchieren würden.
Nach der wochenlangen Vorgeschichte (Kriminalisierung der G8 Gegner) hätte es überhaupt nicht ins Bild gepasst, wenn die Veranstaltung ohne Krawalle abgelaufen wäre.

Augenzeugen können nur einen begrenzten Blickwinkel beobachten. Aber wenn viele Eindrücke übereinstimmen, dann ergibt sich ein klareres Bild.

Wer hat ebenfalls die schwarz gekleideten “Kühlschränke” gesehen?

Wer hat auch beobachtet, wie sich die Polizei am Beginn der Kundgebung ohne ersichtlichem Grund einsatzfertig gemacht hat.

Es wird von bis zu 1000 Verletzten geschrieben. Das merkwürdige ist, dass dann ja wohl ununterbrochen Rettungswagen hätten fahren müssen, was wir aber nicht bestätigen können. Wer hat die plötzlich sehr genauen Zahlen herausgegeben? Auf dem Rückweg zu unserem Bus in der Hamburger Straße sind wir an einer Rotkreuzstation vorbeigekommen. Es war keine besondere Aktivität zu beobachten.

Wie kommt die Zahl von ca. 2000 militanten Autonomen zustande? Damit die von der Regierung vorgegebene Anzahl von 10% gewaltbereiter Demonstranten erreicht wird? Die Polizei spricht von lediglich ca. 25.000 Kundgebungsteilnehmern.
Und es ist die Demoleitung zu fragen, wieso der Demonstrationszug vom Bahnhof vom schwarzen Block “Make Capitalism Hisory” angeführt wird?

Und ist keinem vorher aufgefallen, dass die Schlußkundgebung auf einer Baustelle standfand, wo sich niemand die Mühe gemacht hat, den massenweise rumliegenden Schotter, die losen Ziegel- und Pflastersteine, Gehwegplatten usw. wegzuräumen? Die Massen an frei zugänglichen Wurfgeschossen könnte man Anstiftung zu Straftaten nennen.

Es sollte, sofern es das noch nicht gibt, sofort von den Veranstaltern eine zentrale Dokumentationsstelle eingerichtet werden. Die wird sicherlich nötig sein im Hinblick auf die noch zu erwartenden Aktionen, Provokationen und zu erwartenden Prozesse.

Rainer Zwanzleitner

[http://de.indymedia.org/2007/06/180968.shtml]