Home » Heiligendamm 2007 » G8 2007 deutsch » G8 2007 Repression » J2 Rostock  

 Recent

Watch also...



print
2007-06-03

tagesspiegel: G-8-Krawalle: Politiker verurteilen Gewalt in Rostock

Nach den gewalttätigen Ausschreitungen mit fast tausend Verletzten am Rande der G-8-Kundgebung in Rostock sind die Veranstalter scharf kritisiert worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert “Null Toleranz” gegenüber den Randalierern. (03.06.2007, 20:39 Uhr)

Rostock - Merkel nannte die Ausschreitungen im ZDF “schrecklich und entsetzlich”. Viele der Mitorganisatoren übten wegen der Gewalttaten auch selber klare Kritik. Die Verletzung von Polizisten sei “durch nichts zu rechtfertigen”, sagte Mani Stenner, Mitglied der Demonstrationsleitung, in Rostock.

Es sei klar, dass in Deutschland eine Null-Toleranz-Politik gegenüber gewalttätigen Demonstranten verfolgt werde, sagte Merkel in der ZDF-Sendung “Berlin direkt”. In der ARD-Sendung “Bericht aus Berlin” sagte Merkel, sie sei “froh, dass die Veranstalter der friedlichen Demonstration sich klar distanziert haben”. Merkel verteidigte erneut die scharfen Sicherheitsmaßnahmen rund um den G-8-Gipfel in Heiligendamm. Ihr sei jedoch wichtig, dass Demonstranten, “die friedlich sagen wollen, was sie von alldem halten”, sich in der Nähe des Tagungsortes aufhalten können, sagte sie im ZDF.

Zehntausende Menschen seien nach Rostock gekommen, um friedlich zu demonstrieren, sagte Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) dem “Münchner Merkur”. Er rief das globalisierungskritische Netzwerk Attac auf, an seine Anhänger zu appellieren, Gewalttäter anzuzeigen. “Wer das nicht tut, trägt eine moralische Mitschuld an den Gewalttaten.” Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sagte der “Kölnischen Rundschau” (Montagausgabe), Attac müsse sich von Rechtsbrüchen distanzieren.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) sagte, gewalttätige Autonome hätten dem Anliegen friedlicher Globalisierungskritiker “einen Bärendienst erwiesen”. Die Polizei habe verantwortungsbewusst und besonnen gehandelt. Für die Grünen verurteilte Bundesvorsitzende Claudia Roth die “brutalen Ausschreitungen gewaltbereiter Autonomer”.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sah durch die Ausschreitungen belegt, dass die Sicherheitsmaßnahmen im Vorfeld des G-8-Gipfels in Heiligendamm gerechtfertigt seien. “Das ist eine neue Qualität der Gewalt, die fassungslos macht”, erklärte der GdP-Bundesvorsitzende Konrad Freiberg. Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) verteidigte im Deutschlandfunk die umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen erneut.

Mitorganisator Stenner betonte, dass sich die Polizei bis zum Beginn der Ausschreitungen an das vereinbarte Deeskalationskonzept gehalten habe. Er räumte ein, dass die Organisatoren “leider erst viel zu spät” eingegriffen hätten, weil die Ausschreitungen nicht erwartet worden seien. Die “Eskalation” habe “niemand gewollt” und sei weder geplant noch irgendwie beabsichtigt gewesen, sagte Tim Laumeyer von der “Interventionistischen Linken”. Darstellungen, wonach ab dem ersten Übergriff auf Polizisten die autonome und linksradikale Szene “nur noch randaliert” habe, seien allerdings nicht richtig.

Attac verurteilte einen tätlichen Angriff auf zwei Polizeibeamte scharf, der Anlass für die Eskalation gewesen sei. An der Eskalation seien beide Seiten beteiligt gewesen. Attac-Koordinierungskreismitglied Peter Wahl appellierte an alle Beteiligten, dass trotz der Vorfälle in den kommenden Tagen ein Klima für friedliche Proteste gegen die Politik der G-8 möglich sei.

Nach Polizeiangaben wurden bei den Ausschreitungen insgesamt 433 Beamte verletzt, davon nach jüngsten Angaben 20 schwer. Die Organisatoren sprachen zudem von 520 verletzten Kundgebungsteilnehmern. Nach einem Bericht des “Tagesspiegel” vom Montag wurde der Polizei-Einsatzleiter noch während der Krawalle abgesetzt und gegen einen Berliner Kollegen mit viel Erfahrung mit gewaltsamen Protesten ausgetauscht. Insgesamt wurden laut Polizei etwa 125 Demonstranten zeitweise in Gewahrsam genommen. Die Rostocker Staatsanwaltschaft beantragte gegen zehn Randalierer bei Gericht Haftbefehl. (tso/AFP)