Von Matthias Gebauer
Neue Details über den Bundeswehreinsatz beim G-8-Gipfel kommen ans 
Licht. “Fennek”-Panzer haben in Heiligendamm nicht Politiker bewacht, sondern 
eine Genmais-Anlage. Die Grünen werfen der Regierung jetzt vor, das Parlament 
belogen zu haben.
 
		Berlin – Im Verteidigungsausschuss, dem obersten Kontrollorgan für die 
Bundeswehr, war am Mittwoch nicht allzu viel Zeit für Aufklärung. Nur 30 
Minuten waren bei einem Termin am Armeestandort Munster eingeplant, in denen 
der Verteidigungsstaatsekretär Thomas Kossendey die Parlamentarier über die 
umstrittenen Missionen der Bundeswehr beim G-8-Gipfel informieren wollte. Am 
Ende blieben viele Fragen offen. “Wir haben für kommende Woche einen 
ausführlichen schriftlichen Bericht angefordert”, sagte der SPD-Politiker 
Rainer Arnold, “vielleicht kriegen wir ja dann die Fakten auf den Tisch”.
In Berlin tagte gleichzeitig der Innenausschuss. Dort berichtete ebenfalls ein 
Staatssekretär über den Einsatz der Bundeswehr rund um das Treffen der 
mächtigsten Staatschefs der Welt.
Doch was als Auf- und Erklärungsrunde durch den Staatssekretär Christian 
Schmidt gedacht war, endete mit neuer und noch schärferer Kritik. “Was wir 
gehört haben, ist unakzeptabel”, sagte die grüne Innenpolitikerin Silke 
Stokar. “Es gab weitere Verfassungsbrüche, und das Parlament wurde 
absichtlich belogen.” Stokar kündigte an, die Grünen würden so lange weiter 
bohren, bis die Wahrheit ans Licht komme.
Ausführlich berichtete Schmidt in der Sitzung über die Tornado-Flüge. 
Insgesamt waren vor dem Gipfel sechs Mal Jets über dem Gebiet in der Luft. 
Neben dem Camp nahe der Ortschaft Reddelich wurden noch weitere Protestlager 
fotografiert. Nach den Foto-Missionen sei eine Kommissarin der “Kavala” zur 
Bundeswehr gekommen und habe sich die benötigten Bilder ausgesucht, vermerkt 
das Ministerium in seinem Bericht. Staatssekretär Schmidt betonte, die 
Polizei habe immer nur Abzüge der Bilder erhalten, auf denen keine Details 
wie Menschen oder Autokennzeichen zu erkennen gewesen seien.
Das Unterschreiten der Mindestflughöhe von 500 Fuß (rund 150 Meter) am 5. Juni 
bezeichnete das Ministerium im Ausschuss als Fehler. Möglicherweise habe der 
Pilot, der unter der Kennung “Pirat 2” über Reddelich hinweg donnerte, etwas 
übereifrig seinen Auftrag erfüllen wollen und sei deshalb wegen der 
Wetterlage etwa anderthalb Minuten auf einer Höhe von etwa 119 Metern an dem 
Protest-Camp vorbei geflogen. Ziel sei nicht gewesen, Protestler auf dem 
Boden einzuschüchtern. Wegen des Flugs, bei dem drei Bilder vom Camp und 16 
weitere gemacht wurden, läuft bereits ein Vordisziplinarverfahren gegen den 
Piloten.
Neun Spähpanzer im Aufklärungseinsatz
Was die Grünen jedoch noch mehr aufbrachte als die Bundeswehr-Tornados, waren 
Details über die G-8-Mission von insgesamt neun Panzern des Typs “Fennek”. 
Drei von ihnen waren innerhalb der Sperrzone rund um Heiligendamm im Einsatz, 
die sechs anderen führten außerhalb des Zauns “Raumaufklärung” durch, 
erläuterte das Ministerium. Durch ihre speziellen Fähigkeiten hätten die 
Spähpanzer die Arbeit der Polizei sinnvoll unterstützt, so Schmidt im 
Ausschuss.
Die Panzer, die vor dem Einsatz die Bordkanonen abgeschraubt bekommen hätten, 
werfen nun neue Fragen über den Armee-Einsatz im Inland auf. So wurden zwei 
der Fahrzeuge zum Schutz einer Genmais-Anlage nahe Heiligendamm eingesetzt. 
Die anderen beobachteten von Autobahnbrücken Autos mit anreisenden 
Demonstranten.
Was mit den möglichen Erkenntnissen von den Autobahnbrücken passierte, konnte 
im Innenausschuss nicht abschließend geklärt werden. Der Schutz des Genmaises 
sorgte im Ausschuss zunächst für Heiterkeit. Silke Stokar fand später 
deutliche Worte. “Der Einsatz war keine Amtshilfe”, sagte sie. “So etwas kann 
doch wohl auch ein Streifenwagen.”
Einsatz war für Mecklenburg-Vorpommern umsonst
Schwerer noch wiegen die Vorwürfe gegen die Informationspolitik der Regierung. 
Die Grünen sind überzeugt, dass sie als Fraktion bewusst belogen wurden. So 
kam im Innenausschuss heraus, dass die offizielle Anfrage auf Amtshilfe beim 
Verteidigungsministerium schon am 13. März 2007 gestellt wurde. Als jedoch im 
Mai mehrmals grüne Politiker konkret nach einem möglichem Einsatz der 
Bundeswehr fragten, wanden sich die Vertreter des Ministeriums. Auf keine der 
vielen Anfragen gab es die Antwort, dass die Bundeswehr mit Flugzeugen und 
Panzern beim Gipfel aktiv wird.
Auch im Parlament und in den Kontrollausschüssen wurden zu keinem Zeitpunkt 
die Pläne konkretisiert. Die Bundeswehr werde “überwiegend nur 
Transportaufgaben” übernehmen, berichtete ein Ministeriumsvertreter im 
Innenausschuss vom 23. Mai 2007. Bei einer Fragestunde im Plenum war sogar 
von “ausschließlich Transportaufgaben” die Rede. Stokar kritisierte das 
Verhalten scharf und kündigte Konsequenzen an. “Das Parlament ist belogen 
worden und zwar ganz bewusst”, sagte Stokar. Für die Grüne tritt immer 
deutlicher zu Tage, dass die Regierung den Einsatz nur durchgeführt habe, um 
die Bundeswehr im Inland langsam zu etablieren.
Für das Land Mecklenburg-Vorpommern hatte der Gipfel-Einsatz der teuren Jets 
und Panzer (Stückpreis immerhin 1,6 Millionen Euro) jedoch einen 
einleuchtenden Vorteil. Im Gegensatz zu angeforderten Polizeikräften aus 
anderen Bundesländern, die jede Stunde und jeden Mann penibel in Rechnung 
stellen, war der Einsatz der Armee beim Gipfel kostenfrei.
[http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,489914,00.html]
